Arthrose: Zweijahresergebnisse sprechen für Orthokin-Therapie

Wissenschaftler aus Düsseldorf präsentierten die Ergebnisse der so genannten GOAT-Studie (German Osteoarthritis Trial). Untersucht wurde die Wirkung verschiedener Gelenkinjektionen bei Arthrose, darunter die Orthokin-Therapie, Hyaluronsäure und Placebo, bei 376 Patienten.

Sowohl nach sechs Monaten als auch nach zwei Jahren ging es den mit Orthokin behandelten Patienten deutlich besser als den mit Hyaluronsäure oder Placebo behandelten Mitpatienten. Die Ergebnisse der am Universitätsklinikum Düsseldorf in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Molekulare Orthopädie durchgeführten Studie wurden jetzt in der Fachzeitschrift „Biodrugs“ publiziert.

Studie

An der randomisierten, prospektiven, placebokontrollierten GOAT-Studie haben 376 Patientinnen und Patienten teilgenommen, die im Durchschnitt 58 Jahre alt waren. Das wichtigste Aufnahmekriterium war chronischer Knieschmerz aufgrund von Arthrose. Die Teilnehmer wurden per Zufallsprinzip den drei Medikamenten zugeteilt (Orthokin, Hyaluronsäure und Placebo). Bei der Orthokin-Therapie werden körpereigene, entzündungshemmende Proteine aus dem Blut des Patienten gewonnen und in das Gelenk gespritzt.

Die Hyaluronsäure ist ein Hauptbestandteil der Gelenkflüssigkeit und wirkt als Schmiermittel bei der Gelenkbewegung. Als Placebo wurde Kochsalzlösung verabreicht. Die Therapie bestand jeweils aus sechs Behandlungen. Nach jeweils sechs Wochen, sowie drei und sechs Monaten wurden die Patienten nachuntersucht. Hierbei wurden international anerkannte Schmerzparameter, wie die Visuelle Analogskala (VAS) und der WOMAC-Fragebogen eingesetzt. Im WOMAC-Test beantworten die Patienten Fragen zu Schmerzen, Gelenksteifigkeit und Gelenkfunktion auf einer Skala von 0 = keine Knieprobleme bis 240 = stärkste Einschränkung der Aktivitäten des täglichen Lebens aufgrund der Knieprobleme.

Ergebnisse
Auf der Visuellen Analogskala (0=kein Schmerz – 100=stärkster vorstellbarer Schmerz) lag die durchschnittliche Schmerzintensität vor der Therapie bei 70. Sechs Monate nach der Behandlung zeigten sich deutliche Unterschiede: In der Orthokin-Gruppe lag die mehr als 50-prozentige Besserung der Schmerzen bei 57 Prozent, während sie in der Hyalurongruppe bei 29 Prozent und in der Placebogruppe bei 28 Prozent lag. Im WOMAC-Test zeigte sich in der Orthokin-Gruppe ebenfalls eine Besserung der Symptome um über 50 Prozent. In den Vergleichsgruppen wurden nur 20 Prozent erzielt.

„Insgesamt zeigte sich eine signifikant überlegene Wirkung der Orthokin-Therapie bei Kniegelenkarthrose im Vergleich zur Injektion von Hyaluronsäure und Placebo“, sagte Prof. Peter Wehling vom Zentrum für Molekulare Orthopädie am Donnerstag in Berlin. Auch traten nur bei einem geringen Anteil von Patienten milde lokale Nebenwirkungen auf. Am niedrigsten waren diese in der Orthokin-Gruppe.

Zweijahresergebnisse
Auch die Zweijahresergebnisse sprechen für Orthokin-Therapie mit körpereigenen Proteinen. Da Arthrose ein chronisches Leiden ist, sind für die Patienten besonders die langfristigen Behandlungserfolge interessant. 310 Patienten haben sich weiter an einer Zweijahres-Auswertung der Arthrosestudie beteiligt, wobei 188 auch nach zwei Jahren noch von der ersten Therapie profitierten und 122 in der Zwischenzeit andere Therapien (Operation, Spritzen, Medikamente, Akupunktur) in Anspruch genommen hatten. Innerhalb der Orthokin-Gruppe mussten die wenigsten Patienten nachbehandelt werden.

Nachdem alle 310 Patienten in die Auswertung einbezogen wurden, ergab sich folgendes Bild: Nach zwei Jahren lag der VAS-Wert der Orthokin-Gruppe bei 30 (leichte Schmerzen). In der Hyaluronsäure-Gruppe lag die Schmerzintensität bei 39, in der Kochsalz-Gruppe bei 37. Ein noch deutlicherer Unterschied zeigte sich im WOMAC-Test. Nach einem Ausgangswert von circa 124 erreichte die Orthokin-Gruppe WOMAC=58 mit einer deutlichen Verbesserung der Gelenkfunktion und Beweglichkeit, während die Vergleichsgruppen mit WOMAC = 88 bzw. 84 deutlich darüber lagen. „Die Orthokin-Therapie ist eine sichere und lang wirksame Alternative zu den herkömmlichen Behandlungsmethoden“, sagte Studienarzt Carsten Moser. Neben Hyaluronsäure werden vor allem Kortisonspritzen und schmerzhemmende Medikamente zur Behandlung von Arthrose eingesetzt.

Arthrosetherapie mit Schutzproteinen
Die von dem Düsseldorfer Orthopäden Prof. Dr. Peter Wehling und dem Molekularbiologen Dr. Julio Reinecke entwickelte Orthokin-Therapie basiert auf Erkenntnissen über die biologischen Mechanismen der Arthrose. Bei Arthrose wird u.a. das Protein Interleukin-1 (IL-1) freigesetzt, das für den Abbau der Knorpelmasse mitverantwortlich ist. Um diesen Prozess zu beruhigen bzw. zu stoppen wird der biologische Gegenspieler Interleukin-1-Rezeptorantagonist (IL-1Ra) eingesetzt. IL-1Ra neutralisiert die Wirkung von IL-1 und wirkt entzündungshemmend, schmerzlindernd und knorpelschützend. Bei dem Orthokin-Verfahren werden verschiedene entzündungshemmende Proteine und Wachstumsfaktoren, wie IL-1Ra, aus dem Blut des Patienten gewonnen und in das erkrankte Gelenk gespritzt.
Publikation
Biodrugs ist eine internationale Fachzeitschrift für Biotechnologie und Klinische Innovation, die ausschließlich von Fachleuten geprüfte Originalarbeiten über neue Anwendungen der Biotechnologie und Klinik veröffentlicht.
Zahlen
In Deutschland leiden circa zehn Millionen Menschen an Arthrose der Gelenke, davon fünf Millionen an Kniegelenkarthrose. Damit ist das Knie am häufigsten von Verschleiß betroffen. Jährlich werden sechs Millionen Arthrosepatienten kontinuierlich vom Arzt behandelt; 1,2 Mio. Betroffene erhalten sogar regelmäßig Gelenkinjektionen. Die Krankheitskosten von orthopädischen Erkrankungen erreichen nach WHO-Angaben in Deutschland 20 Milliarden Euro, die volkswirtschaftliche Gesamtbelastung beträgt 30 Milliarden Euro.
Kontakt:
Zentrum für Molekulare Orthopädie
Prof. Dr. med. Peter Wehling
Königsallee 53-55
40212 Düsseldorf
www.neue-orthopaedie.de
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