"Babyfood" – Europaweites Projekt für mehr Sicherheit bei Nahrungsmitteln für Babys etabliert

Eine Antwort auf diese wichtige Frage soll das jetzt beginnende und auf zwei Jahre angelegte europaweite Projekt „Babyfood“ des multinationalen Konsortiums CASCADE geben. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Dr. Karl-Werner Schramm am GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit hat „Babyfood“ initiiert und ist maßgeblich an der Umsetzung und Finanzierung beteiligt. Im Rahmen von CASCADE kooperieren mehr als 24 wissenschaftliche Arbeitsgruppen aus neun Ländern der Europäischen Union.

Der Organismus eines Kleinkindes bedarf des besonderen Schutzes, denn „Chemikalien in kommerzieller Babynahrung beeinflussen noch unausgereiftes Gewebe eines wachsenden kindlichen Organismus stärker als Gewebe eines Erwachsenen mit abgeschlossenem Wachstumsprozess. Da bei Babys Organsysteme wie Nerven-, Atem- und Reproduktionsorgane noch nicht völlig ausgereift sind, ist die Toxinausscheidung erschwert. Weiterhin nehmen Kinder gesundheitsschädliche Inhaltstoffe aus der Nahrung leichter auf als Erwachsene“, warnt der Münchner Ökotoxikologe Karl-Werner Schramm.

Früheren Untersuchungen zufolge können schon sehr geringe Chemikalienmengen in Lebensmitteln das Hormonsystem des Menschen beeinträchtigen. Diese Substanzen imitieren häufig menschliche Hormone und wechselwirken mit Rezeptoren, die im Kern der Körperzellen lokalisiert sind. Zu dieser großen Familie strukturell verwandter Rezeptoren gehören auch jene für die Hormone Östrogen und Testosteron sowie für das Schilddrüsenhormon Thyroxin. Werden nukleare Rezeptoren durch Umweltchemikalien fehlgesteuert, kann dies langfristig zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Deshalb stehen bei Babyfood vor allem Umweltchemikalien, welche Hormonrezeptoren aktivieren, im Mittelpunkt des Interesses.

Der Ablauf ist wie folgt geplant: In den Ländern Deutschland, Spanien, Slowakei, Schweden und Italien wird zunächst basierend auf Verbraucherzahlen kommerzielle Babynahrung für die ersten neun Monate akquiriert. Nach anerkannten Ernährungsgesichtspunkten werden drei gemeinsame Pools gebildet: Jeweils in den ersten vier Monaten stehen normale Trockenmilch-Babynahrung (Gruppe A), teilweise ergänzt durch Tee und Honig, Sojanahrung (Gruppe B) und hypoallergene Milchnahrung (Gruppe C) auf dem Speisezettel. Ab dem 5. Monat bis 9. Monat folgt einheitliche Feststoffnahrung wie zum Beispiel Gemüsebrei.

Daraus werden insgesamt 19 Proben hergestellt und untersucht: 13 davon werden chemisch auf den Gehalt an Cadmium, Dioxin, PCB, Pestizid-Organochlorverbindungen untersucht; Gruppe C speziell noch auf Genistein, ein Phytoöstrogen, das in der Sojabohne vorkommt. Die chemische Analytik für Dioxin und PCB erfolgen bei der GSF.

Neun Proben werden sowohl in vitro als auch in vivo getestet, um herauszufinden, wie nukleare Rezeptoren auf das komplexe Gemisch an Umweltchemikalien reagieren und um die Frage zu klären, ob die heutigen Verfahren überhaupt in der Lage sind, die benötigte Diagnostik in der komplexen Matrix „Babyfood“ tatsächlich bereit zu stellen. „Es gibt z.B. Hinweise, dass Cadmium und Pestizide Östrogenrezeptoren beeinflussen und Dioxin und PCB an jenen Rezeptor andocken, der in einer Zelle schädigenden oxidativen Stress hervorruft“, erklärt Schramm. Auffällige Proben sollen zusätzlich an Larven und Eiern von Zebrafisch (Danio rerio) und am Krallenfrosch (Xenopus laevis) untersucht werden. Die molekularen Mechanismen ihrer nuklearen Rezeptoren sind in einer frühen Entwicklungsphase nämlich ähnlich denen des Menschen.

Geplant ist, aus den Untersuchungsergebnissen eine Bewertung abzuleiten sowie eine Risikoabschätzung für die einzelnen Gruppen von Babynahrung vorzunehmen. Da die Babynahrungsprodukte gepoolt werden, ist zwar keine Beurteilung der Produkte einzelner Hersteller möglich. Es können jedoch Empfehlungen für eine möglichst schadstoffarme Ernährung eines Kleinkindes in den ersten neun Monaten abgeleitet werden. Erste Ergebnisse für die beiden Gruppen A und B sollen bereits Ende Oktober beim nächsten Jahrsetreffen von CASCADE vorliegen.

Kontakt zur GSF- Pressestelle:
GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit
Abteilung Kommunikation
Tel: 089/3187-2460, Fax 089/3187-3324, E-Mail: oea@gsf.de

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Michael van den Heuvel idw

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