Rosarote Bakterien – neue Mitarbeiter für Biotechnologen?

Über Roseobacter-Bakterien – eine der häufigsten Bakteriengruppen, die unsere Ozeane besiedelt – weiß man bisher nur wenig. Ein Niedersächsisches Verbundprojekt will nun die Genome einiger Roseobacter-Vertreter genauer analysieren, um mehr über ihre Stoffwechselvielfalt zu erfahren und sie zukünftig für biotechnologische Prozesse nutzen zu können. Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur fördert das Projekt für einen Zeitraum von drei Jahren mit einer Gesamtsumme von 1,8 Millionen Euro.

Zur Roseobacter-Gruppe gehören über 20 Arten. In Polarmeeren und küstennahen Meeren machen sie bis zu 25 Prozent aller Bakterien aus. Durch ihre Fähigkeit, klimarelevante Gase aufzunehmen und Energie durch Photosynthese zu gewinnen, haben diese oft rostroten oder bräunlichen Mikroorganismen große Bedeutung für die Stoffkreisläufe der Erde.

Die Wissenschaftler wollen nun acht Roseobacter-Arten komplett sequenzieren, um eine vergleichende Genomanalyse vorzunehmen und die Funktionsweise von Stoffwechselwegen und besonders wichtiger Gene zu analysieren. „Mit diesen Daten wollen wir beispielsweise verstehen, wie die Bakterien miteinander kommunizieren: Wir haben neue Quorum Sensing-Verbindungen in Roseobacter-Bakterien gefunden – also Substanzen, mit deren Hilfe sich die Mikroorganismen verständigen und deren Wirkungsweise bisher völlig unbekannt ist“, so Dr. Irene Wagner-Döbler, Leiterin der Arbeitsgruppe „Mikrobielle Kommunikation“ am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung.

Von der Analyse der Bakterien und ihrer genetischen Ausstattung versprechen sich die Forscher einiges: das biotechnologische Potential dieser einzigartigen Gruppe soll ausgeschöpft werden. Roseobacter-Bakterien sind dafür bekannt, besonders anpassungsfähig zu sein. Wagner-Döbler dazu: „Die Bakteriengruppe ist in ihrer Vielfältigkeit einmalig – ihr Stoffwechselpotential ist eine Fundgrube für die unterschiedlichsten biotechnologischen Anwendungen!“

So sieht das auch Dr. Silke Pradella, Wissenschaftlerin an der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ), eine weitere Partnerin im Verbundprojekt. Sie wird besonders nach extrachromosomalen Genen suchen. „Viele wichtige Stoffwechselgene liegen nicht im eigentlichen bakteriellen Chromosom vor, sondern auf separaten Elementen, den so genannten Plasmiden.“ Plasmide sind genetische Elemente, die zwischen Bakterien ausgetauscht werden können. „Roseobacter-Spezies besitzen oft sogar mehrere Plasmide mit unterschiedlichen Funktionen. Das kann sie zu leistungsfähigen Mitarbeitern der Biotechnologen werden lassen“, erklärt Pradella und freut sich auf die anstehenden Laborarbeiten.

Über das Verbundprojekt

An dem niedersächsischen Verbundprojekt sind außer dem Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung auch die Technische Universität Braunschweig, die DSMZ, die Universität Göttingen und die Universität Oldenburg beteiligt. Gemeinsam werden sie am „Finishing“ der Genomsequenzen, an der Bioinformatik sowie an systembiologischen und ökologischen Fragestellungen arbeiten. Die gesammelten Daten werden in einer für Wissenschaftler frei zugänglichen Datenbank gesammelt, die den Namen „Rosy“ trägt – Rosy steht für „Roseobacter Systems Biology Database“, also eine systembiologische Datenbank der Roseobacter-Gruppe.

Media Contact

Manfred Braun Helmholtz Infektionsforschung

Weitere Informationen:

http://www.helmholtz-hzi.de

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