Können adulte Stammzellen aus dem Knochenmark Schlaganfallschäden im Gehirn reparieren?

Dr. Josef Priller (31) von der „Klinik für Neurologie“ der Charité hat am 12. Februar 2002 den mit 6000 Euro dotierten Preis der „Novartis-Stiftung für therapeutische Forschung“ für das Jahr 2002 erhalten.
Die Auszeichnung, die seit dem Jahre 1992 an Nachwuchswissenschaftler verliehen wird, „die bereits durch herausragende Leistungen auf sich aufmerksam gemacht haben,“ will Dr. Priller dazu verwenden, zu erforschen, in wieweit adulte Stammzellen aus dem Knochenmark in Gehirnareale, die durch Schlaganfall geschädigt sind, einwandern können. In einem zweiten Schritt soll dann festgestellt werden, ob die Zellen sich im Infarktgebiet zu hirneigenen Zellen oder neuen Gefäßen differenzieren können. Letztlich wird sich zeigen, ob sich die Folgen des Schlaganfalls durch Transplantation von adulten Stammzellen aus dem Knochenmark lindern lassen.
Die Voraussetzungen zur Beantwortung solcher Fragen hat Dr. Priller durch Forschungen mit adulten Stammzellen in Mäusen geschaffen.

Von anderen Wissenschaftlern war bereits gezeigt worden, dass Knochenmarks- zellen ins Gehirn erwachsener Tiere (Mäuse) einwandern können. Dies war durchaus fraglich gewesen. Denn normalerweise schützt die natürliche Barriere, die zwischen Blut und Gehirn besteht (sog.“Blut-Hirn-Schranke“) das Zentralnervensystem vor äußeren Einflüssen.Unter bestimmten Umständen scheinen Knochenmarkszellen aber in das Zentralnervensystem (Hirn und Rückenmark) eindringen zu können.Insbesondere eine bestimmte Art von Gehirnzellen, die sogenannten Mikroglia-Zellen können kontinuierlich aus Stammzellen des Knochenmarks entstehen. Mikroglia-Zellen sind Immunzellen des Gehirns, die für die Abwehr von Entzündungen und Infektionen verantwortlich sind.

Dr. Priller wies im Tierversuch nach, wie und wo sich die neuen Mikrogliazellen im Gehirn verteilen. Um die Verteilung sichtbar zu machen, markierte er die Knochenmarkszellen vor der Transplantation auf gentechnische Weise mit einem biologisch unschädlichen grün-fluoreszierendes Protein. So gelang es ihm, zu zeigen, dass die transplantierten Knochenmarksstammzellen, ausgereift zu Mikrogliazellen, speziell jene Gebiete des Gehirns besiedeln und sich insbesondere dort vermehren, wo Gewebeschäden vorhanden sind. Seine Arbeiten konnte er im Dezember letzten Jahres in der angesehenen Fachzeitschrift „Nature medicine“ ([2001] 7, 1356-1361) veröffentlichen.
Bereits im November des gleichen Jahres beantwortete er durch eine Publikation im „Journal of Cell Biology“ (2001,155, 733-738), die bis dahin offene Frage, ob sich adulte Stammzellen aus dem Knochenmark nach Transplantation zu voll differenzierten Nervenzellen des Gehirns entwickeln können. Dazu ergänzte er das Knochenmark von Mäusen mit grün-markierten Knochenmarksstammzellen und beobachtete deren Einwandern in das Kleinhirn erwachsener Mäuse. Tatsächlich entwickelten sich aus den markierten Zellen für das Kleinhirn typische Nervenzellen (sog. Purkinje Zellen), die sich funktionell in das Gewebe einfügten. Dies weist auf die hohe Differenzierungsfähigkeit adulter Stammzellen hin und lässt hoffen, dass auch andere gentechnische Manipulationen, etwa um therapeutisch wichtige Substanzen zu exprimieren, die Zellen nicht hindern, sich anzusiedeln und zu vermehren.
Prillers Forschungen an der Maus sollen nun die Voraussetzung schaffen für neue Ansätze in der Behandlung von Patienten mit Schlaganfall

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Dr. med. Silvia Schattenfroh idw

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