Bakterien: Nahrungsmenge bestimmt Entwicklung

Ein Forscherteam um Milind Watve des Abasaheb Garware College in Pune, Indien, hat eine mögliche Erklärung dafür gefunden, warum bestimmte Bakterienarten altern, während andere angeblich unsterblich sind. Die Wissenschaftler vermuten, dass das Altern für die Bakterien eine strategische Entscheidung darstellt, die von der Nahrungsmenge, die den Bakterien zur Verfügung steht, bestimmt wird. Die Studienergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht.

Lange Zeit herrschte die Auffassung, dass Bakterien Unsterblichkeit genießen, weil sie sich ständig auf symmetrische Weise in identischen „Tochterzellen“ teilen. Diese Tochterzellen, die Stück für Stück aus gleichaltrigen Komponenten aufgebaut sind, teilen sich daraufhin ebenfalls. Dieser Prozess wird bis ins Unendliche fortgesetzt. Dies unterscheidet die Bakterien von mehrzelligen Organismen, die auch nicht-reproduktive Zellen enthalten, welche altern und nach einiger Zeit absterben.

Doch im vergangenen Jahr zogen Wissenschaftler der René Descartes-Universität in Paris die Unsterblichkeit von Bakterien in Zweifel, als sie entdeckten, dass sich Bakterien des Stammes Escherichia coli auf asymmetrische Weise teilen. Während dieses Prozesses enthält die eine Tochterzelle ältere Komponente als die andere. In langer Generationsfolge wachsen die älteren Zellen immer langsamer und sterben nach bestimmter Zeit ab. Für die Forscher Grund, anzunehmen, dass Altern für alle Lebensformen unvermeidbar ist. Diese Toderklärung scheint jedoch etwas zu voreilig gewesen zu sein.

Anhand von mathematischen Modellen ist das Wissenschaftsteam um Watve jetzt zur Schlussfolgerung gekommen, dass die Frage, ob Bakterien altern oder unsterblich sind, vollkommen davon abhängt, wie wohlgenährt die Bakterien sind. Leben die Bakterien unter guten Umständen mit vielen Nahrungsmitteln, dann wird asymmetrische Teilung bevorzugt. Dabei sterben ältere Zellen zwar ab, aber die jungen Zellen entwickeln sich schneller. Sind Nahrungsmittel jedoch knapp, dann führt eine symmetrische Teilung eine proportionale Verteilung der Überlebens- und Wachstumsmöglichkeiten beider Tochterzellen herbei.

Die Forscher wollen ihr Modell jetzt an der Wirklichkeit prüfen, etwa durch fluoreszierende Marker, mit denen sie nachweisen können, ob Zellkomponenten symmetrisch über die Tochterzellen verteilt werden. Würde das der Fall sein, könnte das weit reichende Folgen haben. „Bakterien, die kaum Nahrungsmittel zur Verfügung haben, wachsen langsam und altern vermutlich nicht – wir kennen jetzt die zugrunde liegende Mechanismen“, erklärt Watve. „Unter bestimmten Umständen könnte die Natur auch Organismen für symmetrische Zellteilung selektieren, die somit immun für den Alterungsprozess werden“, so der Forscher. Auf Nachfrage von pressetext bei verschiedenen deutschen Instituten für Mikrobiologie konnten keine näheren Auskünfte über die Wahrscheinlichkeit dieser Hypothese oder die Richtigkeit der Modelle eingeholt werden.

Media Contact

Reanne Leuning pressetext.austria

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