Forscher entschlüsseln menschliches Einfühlungsvermögen

Ein Wissenschaftsteam um Christian Keysers und Valeria Gazzola des Neuro Imaging Center der Universität Groningen, Niederlande, hat entdeckt, warum sich bestimmte Menschen sehr gut in andere Personen hineinversetzen können, während andere gar kein Einfühlungsvermögen besitzen. Die Fähigkeit hängt laut den Forschern von der Aktivität der Spiegelneuronen im Gehirn ab. Es war bereits bekannt, dass eine niedrige Aktivität der Spiegelneuronen manchen sozialen Defiziten von Autisten zugrunde liegen könnte (pressetext berichtete: http://www.pressetext.de/pte.mc?pte=051205007 ). Die Forscher konnten nun erstmals nachweisen, dass auch die Aktivität der Spiegelneuronen und somit das Empathieniveau von gesunden Menschen Unterschiede vorweisen können. Die Studienergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlicht.

Spiegelneuronen wurden vor zehn Jahren erstmals bei Makaken entdeckt und in späteren Experimenten auch bei Menschen festgestellt. „Spiegelneuronen werden beim Verrichten von Handlungen aktiviert, aber auch, wenn man Aktivitäten von anderen Personen beobachtet“, erklärt Keysers auf Nachfrage von pressetext. In ihrer aktuellen Studie konnten die Forscher zudem erstmals nachweisen, dass es auch „auditive Spiegelneuronen“ gibt, die beim Hören eines bestimmten Geräusches aktiviert werden. Ein gutes Beispiel, an dem sich dies zeigen lasse, sei die Coca Cola-Werbung, wobei man nur das Öffnen einer Dose, das Zischen des Getränkes und ein zufriedenes 'Aaaah' hört. „Man hört nicht nur die Aktion, sondern man fühlt es in sich – das eigene Gehirn fängt an, genau so zu funktionieren wie das Gehirn derjenigen, denen man zuhört“, so Keysers.

Die neuen Erkenntnisse seien das Ergebnis einer langen Reihe von Experimenten. So zeigte sich bei Experimenten mit Affen, dass viele Neurone sowohl beim Knacken von Erdnüssen sowie bei der rein akustischen Wahrnehmung dieses spezifischen Knirschens aktiviert wurden. Im neuesten Experiment wurde untersucht, ob dieses Phänomen auch auf Menschen zutrifft. „Wir haben sowohl für Mundaktionen, wie etwa Knirschen, als auch für Handaktionen, beispielsweise das Zerreißen von Papier, erforscht, ob die Aktivitäten im Gehirn sich überlappen, wenn man die Handlungen selber verrichtet oder wenn man nur zuhört“, so Keysers gegenüber pressetext. Das haben die Forscher untersucht, indem sie die Gehirnaktivität von 16 Probanden beim Abspielen von verschiedenen Geräuschen in einem Scanner observierten. Es gab tatsächlich eine Überlappung und zwar in der bilateralen temporalen Gyrus sowie in der oberen temporalen Sulcus.

Aus den Experimenten stellte sich auch heraus, dass Menschen mit einem großen Einfühlungsvermögen auch eine höhere Spiegelneuronenaktivität vorweisen. „Das kann zum Beispiel erklären, warum bestimmte Menschen sich keinen gruseligen Film ansehen können, während andere damit keine Probleme haben“, erklärt Keysers im pressetext-Gespräch. Die Forscher werden nun untersuchen, welche weiteren Aspekte unsere aus Empathie hervorgehenden Aktionen beeinflussen können.

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Reanne Leuning pressetext.austria

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