Pflanzen mobilisieren keine Schwermetalle in MVA-Schlacke

Diese Prozesse können zur Ansäuerung der alkalischen Bodenlösung von mit Vegetation bedeckter MVA-Schlacke auf einer Deponie und damit zu einer Mobilisierung von Schwermetallen führen. Gezeigt ist eine Pflanze namens Rotschwingel

Können Pflanzen, die in deponierter Müllschlacke wurzeln, dort Schwermetalle mobil machen? Das wollen Botaniker von der Universität Würzburg herausfinden. Das Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen hat jetzt die Mittel für ein entsprechendes Forschungsprojekt von Prof. Dr. Hartmut Gimmler und Dr. Markus Woitke um 345.000 auf insgesamt 763.000 Mark aufgestockt.

Das Projekt der Würzburger Pflanzenwissenschaftler wird im Rahmen des Bayerischen Forschungsverbundes BayFORREST (Abfallforschung und Reststoffverwertung) gefördert. Es läuft in Kooperation mit dem Forschungs- und Entwicklungszentrum Sondermüll (FES) in Schwabach.

Im Mittelpunkt stehen Schlacken, die in Müllverbrennungsanlagen (MVA) anfallen. Geochemischen Modellen zufolge werden aus solchen Schlacken erst nach Jahrhunderten bis Jahrtausenden verstärkt Schwermetalle freigesetzt. Bei diesen Voraussagen wurden nach Angaben der Würzburger Botaniker bislang allerdings nur unbelebte Einflüsse wie Niederschlag oder Mineralisierung berücksichtigt.

Was aber passiert, wenn Pflanzen in der Schlacke wurzeln? Hier erforschen Gimmler und Woitke vor allem, ob Pflanzenwurzeln die MVA-Schlacke so stark ansäuern können, dass es zu einer erhöhten Mobilisierung von Schwermetallen und zu einem verstärkten Transfer dieser Metalle in die Pflanze kommen kann.

Die Forscher haben zum Beispiel bewachsene mit unbewachsenen Schlackeflächen verglichen. Dabei haben sie bislang unter anderem herausgefunden, dass aus beiden Flächen selbst nach längerer Zeit kein erhöhter Austrag von Schwermetallen ins Grundwasser erfolgt. Das liege einerseits an der hohen Pufferkapazität der Schlacke, andererseits an der geringen Wurzeltiefe von auf Schlacke wachsenden Pflanzen und an der relativ geringen Ansäuerungskapazität ihrer Wurzeln. Allerdings nehme die Vegetation auf Schlackeflächen wegen des erhöhten Angebots im Vergleich zu den Kontrollböden mehr Schwermetalle auf. Prof. Gimmler: „Die gemessenen Gehalte sind allerdings weder bedenklich für die Pflanze selber noch für potenzielle Nahrungsketten.“

Die experimentellen Daten des Projekts fließen in ein geochemisches Rechenmodell ein, mit dem sich die Pufferkapazität von MVA-Schlacke modellieren lässt. Mit diesem Computermodell könne, so Gimmler, die langfristige Umweltverträglichkeit der Schlacke nachgewiesen werden. Heutzutage werde MVA-Schlacke weitgehend nicht mehr deponiert, sondern im Tiefbau als Ersatz für den Baustoff Sand eingesetzt.

Über einen Nebenaspekt des Forschungsvorhabens berichten Woitke und Gimmler in einer Broschüre, für die sie vom Staatsministerium einen Druckkostenzuschuss von 10.000 Mark erhalten haben. Wie die Wissenschaftler darin schreiben, erweise sich entgegen der Erwartung vieler Naturschützer die Reststoffdeponie Hopferstadt (Landkreis Würzburg) unbeabsichtigter Weise als Biotop für viele Pflanzen, die in der Kulturlandschaft keinen Lebensraum mehr finden, ja sogar als „Trittstein“ für die Vermehrung selten gewordener Pflanzen. Die Artenvielfalt auf dem Deponiegelände sei deutlich höher als in der unmittelbaren Umgebung, welche die Autoren als artenarme „Kultursteppe“ einstufen. Der Erhalt der Artenvielfalt ist eine Forderung der Agenda 21. Die Broschüre ist ab Januar 2002 bei den Autoren kostenlos zu erhalten.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Hartmut Gimmler, Tel. (0931) 888-6114, Fax (0931) 888-6157, E-Mail: gimmler@botanik.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

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