Kanadische Wissenschaftler stoppen Chorea Huntington in der Maus

Prof. Michael Hayden vom Child and Family Research Institute`s Centre for Molecular Medicine and Therapeutics (CMMT), Vancouver, Kanada und seine Mitarbeiter hatten in der Maus zeigen können, dass die mit der Krankheit verbundenen degenerativen Störungen nicht auftreten, wenn es gelingt, die Zerkleinerung der Eiweißablagerungen im Gehirn durch ein bestimmtes Enzym zu verhindern. Er berichtete über seine Forschungen auf der internationalen Konferenz „Neurodegenerative Diseases: Molecular Mechanism in a Functional Genomics Framework“ im Max Delbrück Communications Center (MDC.C) in Berlin. Die Arbeit war kürzlich in der Fachzeitschrift Cell (June 16, 2006, Vol. 125, 6, 1179-91) erschienen.

Prof. Hayden, der Direktor des CMMT der Universität von British Columbia ist, und seine Mitarbeiter hatten vor zehn Jahren entdeckt, dass das Protein Huntingtin von „molekularen Scheren“ zerkleinert wird, ein Hinweis darauf, dass die Spaltung des fehlgefalteten Proteins offenbar eine entscheidene Rolle bei der Entwicklung der Krankheit spielt.

Die Forscher entwickelten ein Mausmodell, das das humane Huntington-Gen trägt und auch das veränderte (mutierte), falsch gefaltete Protein produziert. So war es ihnen möglich zu beobachten, wie die Erkrankung in der Maus fortschreitet und das mutierte Huntingtin-Protein zerschnitten wird. Sie konnten nachweisen, dass ein Enzym, in der Fachsprache caspase-6 genannt, das mutierte Protein zerschnippselt. Jetzt gelang es ihnen zusätzlich zu zeigen, dass die Maus keine Krankheitssymptome mehr aufweist, wenn sie die Schnittstelle für das Enzym mutieren (verändern) und damit die Spaltung von Huntingtin verhindern.

Caspasen sind Enzyme, die Eiweiße an bestimmten Stellen zerkleinern, unter anderem damit sie abgebaut werden können. Aktivierte Caspasen machen aus dem Protein Bruchstücke, die sich bei Patienten mit Chorea Huntington in den Kernen der Nervenzellen bilden. „Allerdings ist der Zusammenhang zwischen dem Abbau (Proteolyse) von Huntingtin und der Entstehung von Chorea Huntington noch unklar“, sagte Prof. Hayden in Berlin.

Es bleibt abzuwarten, ob sich auf diesen Forschungserkenntnissen aufbauend Therapien gegen Chorea Huntington beim Menschen entwickeln lassen.

Wie kompliziert die Erforschung der Ursachen neurodegenerativer Erkrankungen ist, zeigen neuere Forschungen von Prof. Hayden und seinem Team, wonach die unlöslichen Eiweißklumpen für die Nerzenzellen des Menschen bei Chorea Huntington und der Alzheimer Krankheit, offenbar ungiftig sind. Außerdem beobachteten sie, dass bei Mäusen, bei denen sie keine Eiweißablagerungen im Gehirn nachweisen konnten, dennoch Nervenzellen zugrunde gingen.

Heftige, unkontrollierte Bewegungen, ein torkelnder Gang und Grimassenschneiden haben der Huntington´schen Krankheit ihren Namen gegeben: „Veitstanz“. Ihr wissenschaftlicher Name Chorea (altgriech. für Tanz) Huntington geht auf den amerikanischen Arzt George Huntington zurück, der sie 1872 als Erster beschrieben hat. Die unheilbare Krankheit ist genetisch bedingt und tritt mit einer Häufigkeit von 1 zu 15 000 auf. In Deutschland sind derzeit 8 000 Fälle bekannt, in den USA 30 000 und in Kanada 10 000.

Erbt ein Kind ein mutiertes Huntington-Gen von einem betroffenen Elternteil, bricht die Krankheit unweigerlich meist zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr aus. Dabei gehen zunehmend Nervenzellen in den Hirnarealen zugrunde, die für Bewegung, Gedächtnis und Gefühl zuständig sind. Zehn bis 30 Jahre nach Ausbruch führt Chorea Huntington zum Tod.

Auf der viertägigen Konferenz, die am 6. September in Berlin-Buch begann, diskutieren rund 200 Genomforscher und Kliniker aus Kanada, Europa, Japan und den USA neueste Erkenntnisse über neurodegenerative Erkrankungen, die mit Hilfe der Gen- und Proteinforschung erzielt worden sind. Organisatoren der Konferenz unter dem Dach des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN), das vom Bundesforschungsministerium gefördert wird, sind das MDC, die Charité -Universitätsmedizin Berlin und die Universität Bonn.

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