"Smart Probes": Neue Waffen im Kampf gegen Tuberkulose

Diese neue Technologie für die Erkennung von Infektionskrankheiten ist wesentlich schneller als herkömmliche Methoden und lässt sich mit robusten, kostengünstigen und einfach zu handhabenden Geräten auch in weniger entwickelten Ländern anwenden. „Unsere „Smart Probes“ sind daher ideale Kandidaten für die molekulare Diagnostik der Zukunft und bringen uns der Lösung des globalen Problems der Infektionskrankheiten einen entscheidenden Schritt näher“, betont Sauer die Bedeutung des Projekts.

Wie drängend dieses Problem ist, zeigen die Zahlen: Knapp drei Millionen Menschen sterben weltweit jährlich allein an Tuberkulose – das sind 8000 jeden Tag. Auch in Deutschland gibt es mehrere tausend Neuerkrankungen im Jahr.

Zur Bekämpfung werden Antibiotika eingesetzt, doch birgt die Tuberkulose dabei besondere Schwierigkeiten: „Bisher musste ein Patient manchmal einige Wochen warten, bis sein Arzt mit einer wirksamen Behandlung beginnen konnte“, erläutert Sauer. Denn Mykobakterien wachsen nur sehr langsam, das Anlegen einer Kultur war aber bisher meist die Vorraussetzung für eine eindeutige Diagnose, ohne die man das richtige Arzneimittel nicht auswählen kann. „Wir wollen diesen Zeitraum auf ein bis zwei Tage verkürzen, im Idealfall sogar auf wenige Stunden“, nennt der Bielefelder Physiker das ehrgeizige Ziel.

„Smart Probes“ sind kurze Abschnitte aus Desoxyribonukleinsäure (engl. abgekürzt DNA), der Substanz, aus dem sich auch das Erbgut von Lebewesen zusammensetzt. Sie ist bei den „Smart Probes“ in Form einer Haarschleife angeordnet und an einem Ende mit einem Farbstoff markiert, der unter Einstrahlung von Licht fluoresziert. Aus dem Auswurf eines Tuberkulosepatienten kann das Erbgut der Mykobakterien gewonnen werden. Wenn die „Smart Probes“ darin eine bestimmte Struktur antreffen, binden sie daran und die Haarschleife öffnet sich. Erst durch diese Öffnung kann der Farbstoff ungehindert fluoreszieren, für die Wissenschaftler ein eindeutiges Signal, dass es sich um den vermuteten Erreger handelt.

Das gleiche Prinzip lässt sich auch einsetzen, um ein weiteres Problem bei der Behandlung von Erregern wie Mykobakterien zu lösen. In immer stärkerem Maß werden die Keime unempfindlich gegen die Medikamente, entwickeln so genannte Antibiotika-Resistenzen. Nur deren frühzeitige Erkennung ermöglicht die Wahl des richtigen Wirkstoffes. Da sich resistente und nicht-resistente Bakterien in ihrem Erbgut unterscheiden, lassen sie sich ebenfalls mittels „Smart Probes“ identifizieren.

Darüber hinaus lassen sich die „Schlauen Sonden“ auch zur Tumor-Früherkennung und Verlaufskontrolle von Krebserkrankungen einsetzen.

Die Entwicklung der „Smart Probes“ erfolgte im gleichnamigen Verbundprojekt des Forschungsschwerpunktes Biophotonik. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert in diesem Schwerpunkt Verbundprojekte aus Wissenschaft und Industrie, die optische Lösungen für biologische und medizinische Probleme erarbeiten. Gemeinsames Ziel ist es, mit Hilfe licht-basierter Technologien Krankheiten in ihren Ursachen zu verstehen, sie früh und präzise zu diagnostizieren und gezielt behandeln zu können.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Markus Sauer
Fakultät für Physik der Universität Bielefeld
Tel: 0521/ 106 5450, Fax: 0521/ 106 2958
E-Mail: sauer@physik.uni-bielefeld.de

Media Contact

Susanne Liedtke idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer