Erforschung der Felsenspringer

Ein Felsenspringer (Machilis germanica), der sich gerade aus der unten zu sehenden Chitinhülle herausgearbeitet hat. Auch erwachsene Machiliden häuten sich regelmäßig. Das charakteristische Rückenmuster wird durch verschiedenfarbige Schuppen erzeugt

Helmut Sturm erarbeitet mit Kollegen internationales Handbuch

Felsenspringer sind nicht etwa Bergsteiger, wie man zunächst vielleicht vermuten könnte. Nein, diesen Begriff verwenden Zoologen für 8 – 15 mm lange, flügellose Insekten. Sie sind blitzschnell und springen weg sobald man sie fangen will. Anzutreffen sind diese scheuen Tierchen meist in Steinansammlungen. Professor Sturm, Emeritus der Universität Hildesheim, hat sein erstes Felsentierchen vor 40 Jahren an einer Steinwand in Bingen am Rhein gefunden. Für den damaligen Biologiestudenten war dies eine Begegnung mit Folgen. Die Auskunft seines Professors Friedrich Schaller, dass diese Tiere kaum erforscht seien, motivierte Sturm, sich dieser Aufgabe anzunehmen. Der Biologe befasst sich seither mit der Erforschung dieser Insektengruppe, deren wissenschaftlicher Name Archaeognatha, Machiloidea oder einfach Machiliden ist. Im häuslichen Alltag begegnet man dann und wann den Mitgliedern ihrer ebenfalls flügellosen Schwestergruppe, den Silberfischchen.

Professor Sturm hat bis heute mehrere Dutzend neue Arten dieser weltweit verbreiteten Gruppe beschrieben und zählt international zu den wenigen Experten auf diesem Gebiet.

In Zusammenarbeit mit Kollegen aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Portugal und Japan sowie mit dem Gruyter Verlag in Berlin legt Sturm nun einen Band aus dem Handbuch der Zoologie vor, in dem die Besonderheiten dieser für die Stammesentwicklung der Insekten hochinteressanten Gruppe umfassend dargestellt werden. Einzigartig ist das Paarungsverhalten der Tierchen. Dabei heftet das Männchen nach einem Vorspiel einen Sekretfaden auf dem Untergrund an, zieht in aus und scheidet etwa 3 – 5 Spermatropfen auf den Faden ab. Gleichzeitig krümmt er sich um den Vorderkörper des Weibchens herum und vibriert mit dem ganzen Körper. Dies veranlasst das Weibchen seinen Eilegestab (Ovipositor) herauszuklappen und die Spermatropfen abzutupfen. Eine solche Art der indirekten Spermaübertragung, bei der das Männchen den Faden mit dem Sperma ausgespannt hält und nicht am Untergrund befestigt, ist bis jetzt einmalig. Diese Beobachtung hat Sturm veranlasst, auch das Verhalten und speziell die Spermaübertragung bei anderen Gruppen von Gliederfüßlern zu untersuchen.


Sturm, Helmut, Uni Hildesheim & Machida, Ryuichiro, Uni Tsukuba/ Japan: Archaeognatha, Handbuch der Biologie Band 37/ IV, Berlin, New York, 2001; 213 Seiten (Englisch).

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Dr. Iris Klaßen idw

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