Kurze Stoffwechselketten lassen Bakterien schneller wachsen

In Biofilmen ist das Nahrungsangebot begrenzt

Manche Bakterien gehen sehr ineffizient mit ihrem Brennstoff um. So wurde bislang noch kein Mikroorganismus entdeckt, der Ammoniak direkt in Nitrat umwandeln kann: Die Arbeit wird augenscheinlich immer unter mehreren Bakteriengruppen verteilt. Obwohl diese Tatsache schon seit 1890 bekannt ist, wurde dafür erst jetzt eine Erklärung gefunden. Biologen der Universitäten Bonn und Barcelona haben herausgefunden, dass Bakterien schneller wachsen, wenn die Stoffwechselwege kürzer sind und dass daher viele Stoffwechselketten in Arbeitsteilung durchgeführt werden. Die Forscher glauben jedoch, dass es in der Natur auch „Komplettverwerter“ geben müsse. Ihre Erkenntnisse wurden jetzt in der Zeitschrift „Trends in Microbiology“ veröffentlicht.

Dass ein kurzer Stoffwechselweg Bakterien schneller wachsen lässt hat zwei Gründe. „Jeder Stoffwechselschritt wird durch ein Enzym katalysiert. Je mehr verschiedenartige Enzyme gebraucht werden, desto weniger Kopien können in derselben Zeit von jedem Enzym gemacht werden“, erklärt Biologe Jan-Ulrich Kreft im pressetext-Interview. „Folglich sinkt der Durchsatz durch die Stoffwechselkette bei mehreren Schritten“. Dazu kommt, dass bei einer längeren Kette mehr Zwischenprodukte verloren gehen. Diese stören die geregelten Abläufe in der Zelle und wirken giftig, was den Durchatz noch zusätzlich bremst. Bakterien, die sich die Arbeit teilen und dadurch eine kürzere Stoffwechselkette haben, wachsen aus diesen beiden Gründen schneller als „Komplettverwerter“.

Neben Vorteilen hat ein kurzer Stoffwechselweg jedoch auch einen Nachteil: Die Bakterien benutzen ihre Nahrung nicht optimal. Wenn Nahrung ein knappes Gut ist, können sich Bakterien diesen Luxus nicht leisten. Das Nahrungsangebot in Biofilmen, wo die Bakterien mit ihren Nachbarn interagieren, ist begrenzt. Wenn nun ein Bakterium die Nahrung unvollständig nutzt, um dadurch schneller wachsen zu können, dann nimmt in seiner Umgebung die Nährstoffkonzentration stärker ab. „Gerade in Biofilmen ist es wichtig, dass die Bakterien die Resourcen sparsam verwerten, so dass für ihre Nachbarn mehr übrig bleibt“, so Kreft gegenüber pressetext. „Um Komplettverwerter zu finden, muss man daher wahrscheinlich in Biofilmen suchen.“

Dass Kreft und seine Kollegen Recht haben könnten, beweist eine Mikrobe namens „Holophaga foetida“. Dieses Bakterium wächst wahrscheinlich in Biofilmen. Holophaga verwertet ringförmige Kohlenstoff-Verbindungen und nutzt dazu einen relativ langen Stoffwechselweg. Derselbe Prozess wird auch von zwei Bakteriengruppen arbeitsteilig durchgeführt. Obwohl diese sich schneller vermehren als Holophaga, sind sie aber seltener. Möglicherweise lässt sich das wegen der schlechteren Futterverwertung erklären.

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Reanne Leuning pressetext.deutschland

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