Taxi für die DNA

Die Gentherapie gilt trotz vieler Rückschläge als ein viel versprechender Ansatz für die Medizin der Zukunft. Eine der größten Schwierigkeiten dabei ist es, geeignete Transportmittel zu finden, mit denen sich die als „Medikament“ benutzte Nucleinsäure in die kranke Zielzelle einschleusen lässt. Häufig wurden abgetötete Viren als „Taxi“ für die Gene benutzt, dabei konnte es jedoch zu unerwarteten Nebenwirkungen kommen.

In jüngster Zeit gibt es deshalb immer mehr Versuche mit Nanopartikeln: V. M. Rotello, N. S. Forbes und ihre Mitarbeiter aus Amherst (Massachusetts, USA) verwendeten winzige Goldkügelchen, an deren Oberfläche positiv geladene Kohlenwasserstoffketten dicht an dicht gebunden waren. Diese Ketten enthielten eine photolabile Bindung, die im sichtbaren Licht stabil ist, unter Bestrahlung mit UV-Licht einer Wellenlänge von 350 nm jedoch gespalten wird. Dabei wurde ein positiv geladener Rest entfernt und zurück blieb das Goldkügelchen mit nun negativer Oberflächenladung.

DNA enthält negativ geladene Phosphatgruppen und kann deshalb über elektrostatische Wechselwirkungen an die positiv geladenen Goldkügelchen binden. Zellen, die über einige Stunden mit den mit DNA beladenen Goldkügelchen in Kontakt gebracht wurden nahmen diese „DNA-Taxis“ ins Zellinnere auf. Das Signal zum „Aussteigen“ lieferte die anschließende Bestrahlung mit UV-Licht: Sie zerstörte die photolabile Bindung, die Oberflächenladung der Goldpartikel kehrte sich um und die DNA wurde freigesetzt. Erfreulicherweise wurde die DNA auf diese Wiese nicht nur einfach ins Cytoplasma eingeschleust, sondern sie wanderte weiter dorthin, wo sie gebraucht wird: in den Zellkern. Das ist der Ort in der Zelle, an dem DNA-Moleküle für die Übersetzung in Proteine kopiert oder während der Zellteilung vervielfältigt werden.

Das Verfahren bietet eine relativ einfache Möglichkeit für den Transport und die kontrollierte Freisetzung von DNA in lebenden Zellen. Darüber hinaus sollte es nach Meinung der Autoren mit dieser Methode auch möglich sein, Wechselwirkungen mit anderen Biomolekülen, wie Proteinen, oder pharmazeutischen Wirkstoffen so zu steuern, dass man diese gezielt in Zellen einbringen kann.

Autor: Vincent M. Rotello, University of Massachusetts, Amherst (USA), http://www.chem.umass.edu/Faculty/rotello.htm

Angewandte Chemie: Presseinfo 17/2006

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69495 Weinheim, Germany

Media Contact

Dr. Renate Hoer idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues topologisches Metamaterial

… verstärkt Schallwellen exponentiell. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am niederländischen Forschungsinstitut AMOLF haben in einer internationalen Kollaboration ein neuartiges Metamaterial entwickelt, durch das sich Schallwellen auf völlig neue Art und Weise…

Astronomen entdecken starke Magnetfelder

… am Rand des zentralen schwarzen Lochs der Milchstraße. Ein neues Bild des Event Horizon Telescope (EHT) hat starke und geordnete Magnetfelder aufgespürt, die vom Rand des supermassereichen schwarzen Lochs…

Faktor für die Gehirnexpansion beim Menschen

Was unterscheidet uns Menschen von anderen Lebewesen? Der Schlüssel liegt im Neokortex, der äußeren Schicht des Gehirns. Diese Gehirnregion ermöglicht uns abstraktes Denken, Kunst und komplexe Sprache. Ein internationales Forschungsteam…

Partner & Förderer