Auf Tuchfühlung mit Schimmelpilzgiften in Milch und Kaffee

Die Begegnung mit verschimmelten Lebensmitteln ist nicht nur unschön, sondern vor allem schädlich für den Verbraucher. Genauer gesagt ist es nicht der Schimmel selbst, sondern die Schimmelpilzgifte, die Mykotoxine, die von Schimmelpilzen wie Penicillium oder Aspergillus freigesetzt werden. Diese Gifte müssen frühzeitig von der Lebensmittelindustrie in Kaffee, Getreide oder anderen Nahrungsmitteln erkannt werden, um den Verbraucher zu schützen. Im Projekt MYCOPLEX am ttz Bremerhaven, das von der EU im Rahmen des CRAFT-Programms teilweise gefördert wird, entwickeln die Projektpartner derzeit ein neuartiges Verfahren zur Früherkennung von Schimmelpilzgiften. Der erste Prototyp wird für Mai erwartet.

Bei dem Projekt geht es insbesondere um die Erkennung von Schimmelpilzgiften in Milch und Kaffee. Beide Produkte sind sehr anfällig für die Kontamination mit Mykotoxinen. Beim Kaffee spielen die Lagerungsbedingungen eine erhebliche Rolle. Das warme, zum Teil feuchte Klima in den Herkunftsländern des Kaffees begünstigt das Schimmelwachstum und damit die Produktion Schimmelpilzgifte. Kühe können die Mykotoxine schon über kontaminiertes Futter aufnehmen und übertragen sie so in die Milch. Das stellt besonders für Kleinkinder eine Gefahr dar.

Verbrauchersicherheit erhöhen

Dieser Risiken für Verbraucher sind sich auch die Verantwortlichen in der Europäischen Union bewusst und legten daher erst 2002 neue Grenzwerte für die Konzentration von Mykotoxinen in Lebensmitteln fest. Somit wurden unter anderen Kaffee- und Milchproduzenten zu verstärkten Kontrollen für den Verbraucherschutz verpflichtet. "Wir arbeiten in dem Projekt seit anderthalb Jahren mit acht europäischen Industrie- und Forschungspartnern an einem Verfahren, das der Industrie eine schnelle, unkomplizierte, sensitivere und im Vergleich zu bisherigen Untersuchungen kostengünstigere Möglichkeit gibt, die Schimmelpilzgifte frühzeitig zu erkennen," erläutert Projektleiterin Maria Bunke vom ttz Bremerhaven, das die Gesamtkoordination des Projekts übernommen hat. Frühzeitige Erkennung bedeutet in diesem Fall, dass die Projektpartner ein Verfahren entwickeln, das schon geringste Mengen des Giftes erkennen kann – Konzentrationen von unter 0,01mg/kg, ein hundertmillionstel Gramm in einem Kilogramm Kaffee oder Milch. Ein Wert, der unter der von der EU vorgegebenen Schwelle liegt. "Diese Detektierung äußerst geringer Konzentrationen an Mykotoxinen hat entscheidende Vorteile: Die Sicherheit für den Verbraucher steigt. Die Industrie kann größere Verluste in der Produktion vermeiden, wenn Kontaminationen mit Schimmelpilzgiften frühzeitig erkannt werden. Entsprechend können früher Gegenmaßnahmen eingeleitet werden," erklärt Bunke und ergänzt, dass es sehr wahrscheinlich sei, dass die EU demnächst die Richtlinien zur Verbesserung der Verbrauchersicherheit erneut verschärfen werde.

Traditionelle und neue Analyseverfahren

Die bisherige Standardmethode zur Untersuchung auf Schimmelpilzgifte ist das HPLC (High Performance Liquid Chromatography) Verfahren, das ein gut ausgestattetes Labor, teure Geräte, Chemikalien und gut ausgebildetes Personal benötigt. Viele Milch- und Kaffeeproduzenten beauftragen daher externe Lebensmittellabore mit der Untersuchung ihrer Proben. Eine einfachere Methode ist das ELISA (Enzyme-Linked Immunosorbent Assay) Testverfahren, welches Mykotoxine jedoch erst in einer Konzentration nachweisen kann, die den von der EU vorgeschriebenen Grenzwert überschreitet.

Das im Projekt MYCOPLEX entwickelte Verfahren basiert ebenfalls auf der ELISA Methode, wird aber mit einem Verfahren namens PCR (Polymerase Chain Reaction) kombiniert, um die Nachweisgrenze signifikant zu senken. Die PCR ist in der Lage selbst kleinste Mengen dieser Giftstoffe zu erkennen und das Ausgangssignal zu verstärken. Die Analyse mit dem neuen Testverfahrenbeinhaltet im ersten Schritt eine entsprechende Probenvorbereitung um störende Substanzen wie Milchproteine oder Koffein zu entfernen. Hierzu entwickelten verschiedene Projektpartner einfache und effektive Aufreinigungsverfahren, die von den Endanwendern leicht durchzuführen sind. "Diese Probenvorbereitung liegt neben der Projektkoordination in den Händen des ttz. Außerdem überprüfen wir die Richtigkeit der Ergebnisse mit bereits etablierten Analysemethoden," erläutert Caroline Mähr, Arbeitsgruppenleiterin im Bereich Lebensmitteltechnologie und Bioverfahrenstechnik.

Projektziel: Anwenderfreundliches Test-Kit

Anfang Mai wird voraussichtlich der erste Prototyp eines leicht handhabbaren Test-Kits fertiggestellt sein. Dieses Analyse-Set beinhaltet alle notwendigen Substanzen und wird voraussichtlich 2007 auf den Markt kommen. Der Preis dieses Kits, mit dem 48 Proben in Doppelbestimmung untersucht werden können, wird unter 50 € liegen und wäre somit günstiger als das herkömmliche HPLC-Verfahren. Außerdem kann es von den Produzenten selbst angewendet werden.

"Das Projekt MYCOPLEX ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass die Steigerung der Lebensmittelsicherheit nicht zwangsläufig mit höheren Kosten für die Industrie verbunden sein muss," erklärt Werner Mlodzianowski, Geschäftsführer des ttz Bremerhaven.

Projektdauer: Okt. 2004 bis Sep. 2006
Projektpartner im Konsortium:
Technologie-Transfer-Zentrum Bremerhaven (ttz) – Koordinator; BIOTOOLS B&M Labs., S.A. (Spanien); BIOCULT BV (Niederlande); Mungivet S.L. (Spanien); Löfbergs Lila AB (Schweden); University of Strathclyde (Großbritannien); Fundación Gaiker (Spanien); Iseao Technologies Ltd. (Großbritannien)

Das Technologie-Transfer-Zentrum Bremerhaven versteht sich als innovativer Forschungsdienstleister und betreibt anwendungsbezogene Forschung und Entwicklung. Unter dem Dach des ttz Bremerhaven arbeitet ein internationales Team ausgewiesener Experten in den Bereichen Lebensmitteltechnologie und Bioverfahrenstechnik sowie Energie, Landschafts- und Wassermanagement.

Kontakt:
Anke Janssen,
ttz Bremerhaven, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,
Tel. 0471 / 4832-121/-124,
Email: ajanssen@ttz-bremerhaven.de

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Anke Janssen idw

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