"Thou shalt not clone!" – "Du sollst nicht klonen!" – Berufung auf Kant

„Die willkürliche Herstellung erbidentischer Menschen – das reproduktive Klonen – verletzt die Autonomie eines Individuums und muss deshalb moralisch geächtet und rechtlich verboten werden.“ Diese Ansicht vertritt Dr. Christof Tannert, Leiter der Arbeitsgruppe Bioethik und Wissenschaftskommunikation am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch in einem jetzt veröffentlichten Beitrag für die EMBO reports (Vol 7, no 3, 2006 – pp. 238 – 240)*. Der Biologe und Theologe beruft sich dabei als erster Ethiker in der Debatte um das Klonen von Menschen auf Immanuel Kant und das so genannte Autonomieaxiom des kategorischen Imperativs: „Handle so, dass du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.“ (Immanuel Kant: „Grundlegung der Metaphysik der Sitten“, 1785).

Nach Auffassung von Dr. Tannert wird hingegen vor diesem Hintergrund das Autonomieprinzip bei der Gewinnung embryonaler humaner Stammzellen für das so genannte therapeutische Klonen nicht verletzt und könne deshalb auf dieser Grundlage moralisch nicht verboten werden. Hingegen könne das therapeutische Klonen sogar moralisch geboten sein, wenn es dabei um zukünftige Heilverfahren gehe, und die Entwicklung eines „Quasi-Embryos“ zu einem Menschen nach der Stammzellentnahme definitiv unterbunden werde. Als „Quasi-Embryo“ definiert Dr. Tannert einen Embryo außerhalb des Mutterleibs, wie er etwa durch In-Vitro-Fertilisation oder Zellkernübertragung entsteht. Er überschreibt seinen Kommentar, den er auf Einladung der EMBO-Redaktion schrieb, mit einer Formulierung im Stil alt-englischer Kirchensprache „Thou shalt not clone“ (Du sollst nicht klonen!“). Damit will er einen direkten Bezug zu den ethischen „Du-sollst-Formeln“ der Hebräischen Bibel und ihrer Wirkungsgeschichte herstellen.

Dr. Tannert leitet seit 2002 die Arbeitsgruppe „Bioethik und Wissenschaftskommunikation“ am MDC. Schwerpunkt der Untersuchungen seiner Gruppe ist die Stammzellforschung. Er veröffentlichte unter anderem eine vielbeachtete Delphi-Studie, veranstaltete eine Bürgerkonferenz und ein internationales Symposium über „Regenerative Medizin und Biopolitik“, das 2005 in einer Buch-Publikation (ISBN 3-89838-066-1) dokumentiert wurde und die unterschiedlichen Regelungen zur Humanembryonenforschung in Europa aufzeigt.

*Thou shalt not clone An ethical argument against the reproductive cloning of humans

Christof Tannert

EMBO reports, Vol 7, No 3, 2006, European Molecular Biology Organization

Pressestelle
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
Barbara Bachtler
Robert-Rössle-Straße 10
13125 Berlin
Tel.: 0049/30/94 06 – 38 96
Fax: 0049/30/94 06 – 38 33
e-mail: presse@mdc-berlin.de

Media Contact

Barbara Bachtler idw

Weitere Informationen:

http://www.mdc-berlin.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Erstmals 6G-Mobilfunk in Alpen getestet

Forschende der Universität Stuttgart erzielen leistungsstärkste Verbindung. Notrufe selbst in entlegenen Gegenden absetzen und dabei hohe Datenmengen in Echtzeit übertragen? Das soll möglich werden mit der sechsten Mobilfunkgeneration – kurz…

Neues Sensornetzwerk registriert ungewöhnliches Schwarmbeben im Vogtland

Das soeben fertig installierte Überwachungsnetz aus seismischen Sensoren in Bohrlöchern zeichnete Tausende Erdbebensignale auf – ein einzigartiger Datensatz zur Erforschung der Ursache von Schwarmbeben. Seit dem 20. März registriert ein…

Bestandsmanagement optimieren

Crateflow ermöglicht präzise KI-basierte Nachfrageprognosen. Eine zentrale Herausforderung für Unternehmen liegt darin, Über- und Unterbestände zu kontrollieren und Lieferketten störungsresistent zu gestalten. Dabei helfen Nachfrage-Prognosen, die Faktoren wie Lagerbestände, Bestellmengen,…

Partner & Förderer