Harte Schale – weicher Kern

Polymere Microgel-Partikel besitzen eine Schale, deren Dichte sich temeraturabhängig regeln lässt

Nanopartikel, deren äußeren Hülle und innerer Kern aus unterschiedlichen Materialien bestehen, eignen sich für zahlreiche industrielle oder biomedizinische Anwendungszwecke. Damit sie aber z. B. als Sensoren oder bei der kontrollierten Freisetzung von in ihrem Innern eingeschlossenen Substanzen zum Einsatz kommen können, muss eine wichtige Voraussetzung erfüllt sein: die Schale sollte dichter sein als der Kern und so eine Barriere zum Außenmedium bilden.

W. Richtering und I. Berndt (RWTH Aachen) haben dieses Problem in Zusammenarbeit mit J. S. Pedersen (Uni Århus, Dänemark) auf elegante Weise gelöst. In einem zweistufigen Prozess synthetisierten sie polymere Mikrokügelchen mit einem Kern aus Poly(N-isopropylmethacrylamid )und einer davon abgegrenzten Schale aus Poly(N-isopropylacrylamid). Beide Polymere zeichnen sich durch eine besondere Eigenschaft aus: Sie quellen im Wasser auf und bilden so genannte Microgele. Aufgrund der unterschiedlichen Polymerbausteine in Schale und Kern unterscheidet sich jedoch ihr Wasseraufnahmevermögen.

Bei 70 °C, der Synthesetemperatur, sind beide Polymere dicht gepackt. Sie können kaum Wasser und damit auch nicht die darin gelösten Substanzen aufnehmen. Werden sie auf 25 °C abgekühlt, so haben Kern und Schale den höchsten Wassergehalt und die niedrigste Dichte. Gelöste Moleküle können durch die Schale hindurch in den Kern gelangen und sich dort verteilen. Interessant wird es, wenn man dann die Temperatur auf 39 °C; erhöht. Dabei ändert sich ausschließlich das Quellverhalten der Schale. Sie gibt Wasser ab, schrumpft zusammen und wird dichter als der Kern. Die dort gelösten Stoffe können die Schale jetzt nicht mehr durchdringen und bleiben im Innern eingeschlossen.

Solche polymeren Mikrogele mit Kern-Schale-Architektur bieten neben der Temperatursensitivität noch einen weiteren Vorteil. Über die Auswahl der Grundbausteine und der Reaktionsbedingungen lassen sich auch andere Eigenschaften der Polymere steuern.

Darüber hinaus wäre die Herstellung von Partikeln mit mehreren Schalen denkbar, die z. B. unterschiedliche Reaktionsräume innerhalb des Teilchens voneinander abgrenzen könnten. Die Anwendungsmöglichkeiten sind jedenfalls äußerst vielfältig.

Autor: Walter Richtering, RWTH Aachen (Germany), http://www.ipc.rwth-aachen.de/richtering/index.html

Angewandte Chemie: Presseinfo 09/2006

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69495 Weinheim, Germany

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