Zellkultivierung online überwachen

Zellkulturen sind oft die Vorkoster neuer Wirkstoffe. Für zuverlässige Ergebnisse müssen die Zellen standardisiert wachsen. Auf der Bioetchnica in Hannover wird ein Mikroskop präsentiert, das das Wachstum überwacht. Bildverarbeitung steuert über eine angeschlossene Robotik die Kultivierung.


Bei der Suche nach neuen Medikamenten sind Zellkulturen unverzichtbar: Ihre Reaktion gibt Forschern erste Hinweise auf die Wirksamkeit unbekannter Substanzen, deren Wirkprinzip und Toxizität. Sie sind zudem ein großer Hoffnungsträger bei der Suche nach Alternativen zu Tierversuchen. Verwertbare Ergebnisse lassen sich mit Zellkulturen allerdings nur erzielen, wenn sich die Zellen stets reproduzierbar verhalten. Dazu müssen sie standardisiert wachsen. In vielen Labors ist die Züchtung der Zellen jedoch noch Handarbeit. In dem Verbundprojekt „Live Cell Monitoring“ entwickeln vier Fraunhofer-Institute ein System zur vollautomatischen Überwachung und Kultivierung der Zellen. Das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM koordiniert das Vorhaben.

„Wir integrieren dazu die optische Überwachung mit einem Mikroskop und die Robotik zur Zellzucht direkt in eine klimatisierte Sterilwerkbank, in der die Zellen wachsen“, erklärt Christian Hoffmann vom IPM. „Eine intelligente, lernfähige Software steuert die beiden Komponenten.“ Bisher müssen Forscher die Zellen während der Zucht immer wieder aus dem Brutschrank entnehmen – etwa um das Wachstum zu kontrollieren oder die Kulturen mit frischem Nährmedium zu versorgen. „Empfindliche Zellkulturen können darunter leiden“, weiß Hoffmann. In dem neuen System sind ein vollautomatisches Mikroskop und die Robotik so modifiziert, dass sie unter typischen Kulturbedingungen, wie 37 °C und fast 100 Prozent relativer Luftfeuchte, nahezu wartungsfrei laufen. Das System erfüllt sogar die aus der Lebensmittelindustrie entlehnten „Hygienic Design“-Richtlinien. Der Zustand der Zellkultur lässt sich mit Phasenkontrast- und Fluoreszenzmessungen überwachen. „Wir werden nun bis Ende des Jahres die einzeln bereits erfolgreich getesteten Module Optik, Software und Robotik zu einem funktionsfähigen Demonstrator verknüpfen“, sagt Hoffmann. Als Erweiterung möchten die Forscher dann mittels digitaler Holographie auch dreidimensionale Informationen über die Zellen gewinnen.

Neben dem IPM, das sich im Wesentlichen mit der Optik beschäftigt, baut das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA die Robotik des Systems auf. Die Steuerungssoftware entwickelt das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT. Das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT liefert das zellbiologische Know-how. Interessenten können sich auf der Messe Biotechnica in Hannover (18. bis 20. Oktober) über das vollautomatische Baukastensystem in Halle 2, Stand F 61 informieren.

Ansprechpartner:
Dr. Christian Hoffmann
Telefon: 07 61 / 88 57-1 54, Fax: -2 24
christian.hoffmann@ipm.fraunhofer.de

Dr. Albrecht Brandenburg
Telefon: 07 61 / 88 57-3 06
albrecht.brandenburg@ipm.fraunhofer.de

Media Contact

Dr. Johannes Ehrlenspiel idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Erstmals 6G-Mobilfunk in Alpen getestet

Forschende der Universität Stuttgart erzielen leistungsstärkste Verbindung. Notrufe selbst in entlegenen Gegenden absetzen und dabei hohe Datenmengen in Echtzeit übertragen? Das soll möglich werden mit der sechsten Mobilfunkgeneration – kurz…

Neues Sensornetzwerk registriert ungewöhnliches Schwarmbeben im Vogtland

Das soeben fertig installierte Überwachungsnetz aus seismischen Sensoren in Bohrlöchern zeichnete Tausende Erdbebensignale auf – ein einzigartiger Datensatz zur Erforschung der Ursache von Schwarmbeben. Seit dem 20. März registriert ein…

Bestandsmanagement optimieren

Crateflow ermöglicht präzise KI-basierte Nachfrageprognosen. Eine zentrale Herausforderung für Unternehmen liegt darin, Über- und Unterbestände zu kontrollieren und Lieferketten störungsresistent zu gestalten. Dabei helfen Nachfrage-Prognosen, die Faktoren wie Lagerbestände, Bestellmengen,…

Partner & Förderer