Wachstumsschub für Nutzpflanzen


Zahlreiche Pflanzen sind auf eine Lebensgemeinschaft mit Pilzen an ihrem Wurzelsystem angewiesen, um gut zu gedeihen. Prof. Ajit Varma aus Neu-Delhi, zur Zeit Gastwissenschaftler an der Universität Tübingen, hat in der Wüste Nordwest-Indiens eine Pilzart entdeckt, die das Wachstum vieler Nutzpflanzen fördert, sich gut im Labor kultivieren lässt und daher in manchen Gebieten statt Dünger eingesetzt werden könnte.

Ein Pilz mit dem Namen Piriformospora indica könnte in Zukunft in manchen Gebieten die Düngemittel im Pflanzenbau ersetzen. Den Bodenpilz hat Prof. Ajit Varma von der Jawaharlal Nehru Universität in Neu-Delhi in einer Wüste Nordwest-Indiens entdeckt. Er arbeitet zur Zeit als Gastwissenschaftler am Lehrstuhl von Prof. Rüdiger Hampp am Botanischen Institut der Universität Tübingen. Der Pilz wächst an den Wurzeln unterschiedlicher Pflanzen und hilft ihnen, mit seinen feinen Ausläufern die Wasser- und Nährsalzvorräte des Bodens besser zu erschließen. Eine solche Lebensgemeinschaft zwischen Pflanze und Pilz, bei der beide Partner profitieren, wird Mykorrhiza genannt. Selten sind Mykorrhizen nicht: Rund 80 Prozent der Pflanzen tragen solche Pilze an ihren Wurzeln.

Doch Piriformospora indica hat sich in Laborexperimenten als besonders vielseitig erwie-sen: Bei zahlreichen Nutzpflanzen wie Tomaten, Mais, Weizen, Tabak und proteinreichen Hülsenfrüchten wird das Wachstum durch den Pilz stark gefördert. Gute Ergebnisse mit Pi-riformospora indica erzielte Varma auch bei einigen medizinischen Heilpflanzen wie Beifuß (Artemisia annua), die vorbeugend gegen Malaria verwendet wird, und bei der in Indien heimischen Bacopa-Pflanze, die bei Diabetespatienten und für den Erhalt eines guten Gedächtnisses eingesetzt wird. Außerdem lässt sich der indische Pilz im Gegensatz zu allen anderen bisher bekannten Mykorrhizapilzen ohne eine Partnerpflanze im Labor kultivieren. Varma hat beobachtet, dass die Lebensgemeinschaft mit Piriformospora indica die Pflanzen häufig auch vor anderen, krankheitserregenden Pilzen schützt, die in die Wurzel einzudrin-gen versuchen.

Der Pilz ist allein lebensfähig und lässt sich gebunden an Lehmpartikel monatelang konservieren. Dies bietet für die kommerzielle Nutzung den Vorteil, dass der indische Pilz leicht transportiert werden kann. Varma, Spezialist für Mikrobielle Technologie, will nun prüfen, ob sich Piriformospora indica im indischen Pflanzenbau einsetzen lässt, so dass der preiswerte Pilz teure Düngemittel ersetzen kann.
Auch in unseren Breiten könnte der Pilz zum Beispiel in der Orchideenzucht eingesetzt werden. Orchideensamen können häufig nur mit Hilfe eines Pilzes auskeimen, Piriformospora indica hat sich im Labor auch hier als geeigneter Partner gezeigt. Bevor der Pilz allerdings in die Hände von Gärtnern und Landwirten gelangt, müssten die Wissenschaftler noch genauer testen, wie sich der Einsatz von Piriformospora im Freiland auswirkt. Die Verwendung in der Landwirtschaft ist mittlerweile am Europäischen Patentamt als Patent angemeldet. (3132 Zeichen)

Statt Dünger – ein Pilz aus der indischen Wüste

Bislang unentdeckter Pilz fördert Wachstum zahlreicher Pflanzen

Mitten in den Sanddünen der Wüste Rajasthan in Nordwest-Indien fanden sich Pflanzen, obwohl die wasserarme Gegend völlig unwirtlich schien. Prof. Ajit Varma und seine Mitar-beiter von der Jawaharlal Nehru Universität in Neu-Delhi gingen diesem Phänomen im wahrsten Sinne des Wortes auf den Grund: An den Wurzeln der Kaktus-Pflanzen entdeckten die indischen Forscher einen Bodenpilz, der das Wachstum der Pflanzen stark fördert. Zur Zeit arbeitet Prof. Varma als Gastwissenschaftler in der Arbeitsgruppe von Prof. Rüdiger Hampp am Botanischen Institut der Universität Tübingen und untersucht die Wirkung des neu entdeckten Bodenpilzes auf das Wachstum von Nutzpflanzen.

Pflanzen benötigen zum Wachstum Licht, Wasser, Luft und Nährsalze. Häufig brauchen sie aber zusätzlich einen unterirdischen Helfer, um gut zu gedeihen: Etwa 80 Prozent der Pflanzen bilden an ihren Wurzeln eine Lebensgemeinschaft mit einem Pilz. Der Pilz mit seinen feinen Ausläufern kommt besser an die Wasser- und Nährsalzvorräte im Boden heran als die Wurzel. Im Gegenzug erhält er von der Pflanze lebenswichtige Nährstoffe. Beide Partner profitieren in dieser Symbiose vom Zusammenleben. Die Lebensgemeinschaft aus Wurzel und Pilz wird Mykorrhiza genannt. Dabei umspinnt der Pilz die Wurzeln der Pflanze, kann funktionell die Wurzelhaare ersetzen und weiter bis in die Rinde der Wurzel vordringen. Die Gemeinschaft mit dem Mykorrhiza-Pilz schützt die Pflanze häufig auch vor anderen parasitischen Pilzen, die über die Wurzel einzudringen versuchen.

Der Wissenschaftler Ajit Varma taufte seine Entdeckung, den Mykorrhiza-Pilz aus der indischen Wüste, nach den birnenförmigen Sporen auf den Namen Piriformospora indica. Zu finden ist dieser nicht nur in Indien, wie der Spezialist für Mikrobielle Technologie bestä-tigte: „Inzwischen wurde der Pilz auch in Pakistan an Graswurzeln, auf den Philippinen nahe Reisfeldern und in Australien an Eukalyptus-Bäumen entdeckt“. Durch zahlreiche Laborexperimente konnte Varma nachweisen, dass Piriformospora indica die Biomasse-Produktion vieler Pflanzen deutlich fördert. Neben hiesigen Baumarten sind darunter auch Nutzpflanzen wie Tomaten, Mais, Weizen, Tabak und proteinreiche Hülsenfrüchte. Außerdem wird auch die Entwicklung mancher Heilpflanzen durch den Pilz gefördert, wie zum Beispiel dem Beifuß (Artemisia annua), einer Pflanze, die vorbeugend gegen Malaria eingesetzt wird, oder die indische Bacopa-Pflanze, die viele Diabetespatienten in Indien einnehmen. Blätter der Bacopa-Pflanze werde von manchen Himalaya-Bewohnern zum Erhalt eines guten Ge-dächtnisses konsumiert. „Neuerdings wird die Pflanze zum gleichen Zweck auch als Medi-kament in Indien verkauft“, sagt Varma.

Eine Besonderheit von Piriformospora indica ist, dass er im Gegensatz zu anderen Mykor-rhiza-Pilzen nicht von den Nährstoffen eines Wirtes abhängig ist und sich daher auch unabhängig von der Partnerpflanze kultivieren lässt. Werden Bäume gezielt pilzfrei gezüchtet, führt dies in vielen Fällen zu Kümmerwuchs. Nachdem Piriformospora indica im Labor ge-züchtet wurde, kann sie auf Keimlinge übertragen werden. In der Regel züchtet man diese in Topfkulturen in Gärtnereien oder Baumschulen, um sie später ins Freiland zu setzen. In diesem Stadium besitzen sie allerdings an ihren Wurzeln meist noch keine oder vielmehr nicht die günstigsten Pilzpartner. Werden sie dann von krankheitserregenden Organismen angegriffen, kann die Pflanze eingehen. Untersuchungen ergaben jetzt, dass Keimlinge, deren Wurzeln mit Piriformospora indica behandelt wurden, eine Überlebensrate zwischen 90 und 100 Prozent haben.
Hierzulande ist Piriformospora indica für die Orchideenzucht interessant, denn auch Orchideen können von den besonderen wachstumsfördernden Eigenschaften des Pilzes profitieren. Viele Orchideen-Samen sind nicht in der Lage, ohne die Hilfe eines Pilzpartners auszu-keimen. Zu diesem wachstumsfördernden Phänomen komme es, so Varma, weil die Pflanze durch den Pilz eine verbesserte Wasser- und Phosphat-Versorgung erhält. Der Pilz schließt Bodenbereiche auf, die der Pflanzenwurzel nicht zugänglich sind. Phosphor ist in vielen Böden ein Mangelfaktor und muss im Pflanzenbau daher häufig durch Dünger zugegeben werden.
Eine weitere Eigenschaft des Pilzes, die besonders in Hinblick auf eine eventuelle kommerzielle Nutzung interessant wäre, ist seine Fähigkeit, über mehrere Monate hinweg an Lehmpartikeln gebunden lebensfähig zu bleiben. Dadurch besteht die Möglichkeit, den Pilz ent-sprechend zu lagern, um ihn dann weltweit exportieren zu können. Für Indien könnte diese Entdeckung Varmas besonders interessant sein, da der Pilz in der Landwirtschaft als Substratzugabe verwendet werden könnte und somit einen preiswerten Ersatz für Düngermittel darstellt. Die Verwendung von Piriformospora indica in der Landwirtschaft wurde mittlerweile am Europäischen Patentamt von München als Patent angemeldet. Zuvor muss allerdings noch genauer getestet werden, ob der Pilz beim Einsatz im Boden hierzulande Schäden verursachen könnte. „Wir müssen nun noch prüfen, wie sich der Pilz im Freiland im Boden verhält“, erklärt Hampp.

Nähere Informationen:
Prof. Ajit Varma
Prof. Rüdiger Hampp
Botanisches Institut
Physiologische Ökologie der Pflanzen
Auf der Morgenstelle 1
72076 Tübingen
Tel.: 0 70 71/ 2 97 61 55
Fax.: 0 70 71/ 29 56 35

Der Pressedienst im Internet: http://www.uni-tuebingen.de/uni/qvo/pd

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Michael Seifert

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