500.000 Liter Helium verflüssigt

Tieftemperaturservice der Universität Jena begeht kühles Jubiläum

Im Tieftemperaturlabor des Instituts für Festkörperphysik der Universität Jena ist es zwar im Kontrast zur sommerlichen Außentemperatur angenehm kühl. Doch dies ist nichts verglichen mit den Temperaturen, die im Kühlaggregat erreicht werden: Mit diesem Unikat können Proben für Gütemessungen auf Temperaturen bis hinab zu 4,2 Kelvin (-269 °C) gekühlt werden. Bei dieser Temperatur zerbröselt ein Ast in Sekunden wie ein vertrocknetes Blatt. Möglich wird solche Kühlung „durch die unmittelbare Anbindung an den Tieftemperaturservice der Physikalisch-Astronomischen Fakultät, der das Labor mit flüssigem Helium als Kältemittel versorgt“, betont Dekan Prof. Dr. Paul Seidel. Die einzige Anlage zur Heliumverflüssigung in Thüringen konnte jetzt ein Jubiläum begehen: Seit die Verflüssigeranlage im Jahr 1976 in Betrieb gegangen ist, konnten 500.000 Liter Flüssighelium aufbereitet werden.

„Flüssighelium ist ein Stoff der Extreme“, unterstreicht Laborleiter Matthias Thürk. Mit suprafluidem Helium können extrem tiefe Temperaturen erreicht werden, die viele natürliche Prozesse verlangsamen und so der Forschung erst zugänglich machen. So können nur in solch kalter Umgebung makroskopische Quanteneffekte untersucht werden, die Voraussetzung für zukünftige Quantencomputer sind. Auch extrem hohe Magnetfelder über 8 Tesla, die z. B. in den Magnetresonanztomographen im Klinikum erreicht werden müssen, können ausschließlich mit heliumgekühlten Magneten realisiert werden. Die Messung extrem kleiner Magnetfelder ist ebenfalls nur bei kryogenen Temperaturen möglich. So werden beispielsweise im Institut für Festkörperphysik hochempfindliche Magnetfeldsensoren (Supraleitende Quanteninterferenz-Detektoren, SQUIDs) auf der Basis von Hochtemperatursupraleitern (Hoch-TC) entwickelt, hergestellt und für unterschiedliche Aufgabengebiete eingesetzt – etwa für ein klinisches Messsystem für Magnetokardiografie (MKG).

Und nicht nur die Mediziner und Forscher der Friedrich-Schiller-Universität profitieren vom Tieftemperaturservice (TTS). Weitere Forschergruppen und Firmen, etwa auf dem Wissenschaftscampus Beutenberg, erhalten das Helium vom TTS und nutzen sein kryotechnisches Know-how. Da Flüssighelium 1.000 Mal schneller verdampft als Wasser ist es aufwändig, die kostbare Kühlflüssigkeit zu den Forschern zu leiten. Das Helium muss extrem gut von der ,heißen’ Umgebung isoliert werden. „Die dabei erreichten Isolationswerte sind 1.000 Mal besser als sie modernste Dämmtechnologien in der Gebäudetechnik erreichen“, macht Thürk an einem Beispiel deutlich. Auch bei der Rückverflüssigung nach Gebrauch müssen technische Extremwerte realisiert werden. Damit ist der Tieftemperaturservice der Jenaer Universität selber ein Hochtechnologieträger und „kann als Treiber für die Technologieregion Jena bezeichnet werden“, ist sich Prof. Seidel sicher.

Media Contact

Axel Burchardt idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de

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