Dem Leben auf der Spur – ’Schneidendes Lasermikroskop’ eröffnet neue Wege in der Krebsforschung

Forscher des Laser Zentrums Hannover erhält für neuartiges Werkzeug zur Beobachtung und Manipulation auf zellulärer und molekularer Ebene den Kaiser-Friedrich-Forschungspreis 2005.


Pressegespräch im Rahmen des InnovationsForum Photonik am 03. Mai, 16.30 Uhr in der Kaiserpfalz Goslar

Die komplexen Zusammenhänge des Geschehens in lebenden Zellen und Zellverbänden verstehen, beeinflussen und damit nutzbar machen zu können, ist vordringliches Ziel aktueller Forschung in den Life Sciences. Für Mediziner erschließen sich damit wesentliche Einblicke in die Ursachen von Krankheiten und Möglichkeiten der Heilung.

Dr. Alexander Heisterkamp (32) vom Laser Zentrum Hannover hat mit der Weiterentwicklung eines lasergestützten Mikroskopaufbaus einen entscheidenden Fortschritt für die Zellbiologie und medizinische Forschung geleistet. Die einmalige Technologie ermöglicht die äußerst schonende dreidimensionale Beobachtung zellulärer Vorgänge verbunden mit dem direkten Eingreifen bzw. Manipulieren von Zellbestandteilen im Innern einer lebenden Zelle. Dafür wird ihm am 03. Mai der Kaiser-Friedrich-Forschungspreis 2005 verliehen.

Die Technologie

Ein so genannter Femtosekundenlaser ist das Herzstück des Mikroskops. Seine infraroten Lichtpulse sind lediglich 100 Femtosekunden (10-15 s) lang. Zur Veranschaulichung: In einer Sekunde umrundet das Licht etwa sieben Mal die Erde, in 100 Femtosekunden kommt es weniger als eine Haaresbreite weit. Da der Laser seine Energie in diesen kurzen Zeitintervallen bündelt, werden extrem hohe Intensitäten am Ort des Fokus eines Mikroskopobjektivs erreicht. Normalerweise ist biologisches Material durchsichtig für die Laserstrahlung. Lediglich am Fokus „stoppt“ das Licht und induziert ein Mikroplasma, welches einen Schneid- bzw. Abtragseffekt erzielt. Da die Energie in so kurzer Zeit in die Zelle eingebracht wird, bleibt die direkte Umgebung nahezu unberührt, der Eingriff ist daher äußerst schädigungsarm. Ein Arbeiten im Innern von lebenden Zellen, mitunter auch tief im Gewebe, wird so möglich.

Anwendungsbeispiele

Eine erste konkrete Anwendung liegt in der Zell-Biomechanik: Zellen besitzen ein inneres filamentartiges Netzwerk, das Zytoskelett, das äußerst wichtig für die Gewebeentwicklung und Wundheilung eines Organismus ist. Einzelne Stränge des Zytoskeletts, die so genannten Actinfasern, konnte Dr. Heisterkamp mit dem Laser durchtrennen und Rückschlüsse auf die mechanische Stabilität der Zelle ziehen.

Über das Zytoskelett kann auch ein induzierter Zelltod angeregt und die Prozesse dabei genau analysiert werden. Dies ist für die Krebsforschung von besonderem Interesse. Darüber hinaus können mit dem Laser gezielt einzelne Zellorganellen, wie z.B. Mitochondrien, die Kraftwerke einer Zelle, zerstört werden, was wiederum wichtige Erkenntnisse für eine verbesserte Krebstherapie ermöglicht.

Dr. Heisterkamp hat das Lasermikroskop während eines Forschungsaufenthaltes, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, an der Harvard Universität weiterentwickelt. Nun soll vom LZH in Kooperation mit der Hannoveraner Firma Rowiak GmbH innerhalb der nächsten drei Jahre ein kompaktes und einfach zu handhabendes „Schneidendes Mikroskop“ realisiert werden, dass auch Zellbiologen und Forschern aus Medizin und Pharmazie einen einfachen Zugang zu dieser faszinierenden neuen Technologie ermöglicht. Das gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsvorhaben wird vom niedersächsischen Wirtschaftsministerium im Rahmen der Förderinitiative „Biophotonik“ gefördert.

Der mit 15.000 Euro dotierte Kaiser-Friedrich-Forschungspreis ist den Optischen Technologien gewidmet und wird 2005 für herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Biophotonik vergeben. Die siebenköpfige Jury, Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft, lobte das sehr hohe wissenschaftliche Niveau der eingereichten Arbeiten aus ganz Deutschland. Mit entscheidend war am Ende die Nähe zur industriellen Umsetzung – ein Kriterium, das auch dem Preisstifter, dem Goslarer Unternehmer Dr. Jochen Stöbich, besonders am Herzen liegt. Die Preisverleihung findet im Rahmen des InnovationsForum Photonik am 03. Mai in Goslar statt.

Pressegespräch: Am 03. Mai ab 16.30 Uhr steht der Preisträger in der Kaiserpfalz Goslar für weitere Fragen zur Verfügung. Wir bitten um Anmeldung unter 0551/30 57 2-22 (ab 02. Mai 0172/534 75 96).

Das InnovationsForum als Rahmenprogramm zur Preisverleihung wird vom niedersächsischen Kompetenznetz Optische Technologien PhotonicNet und der TU Clausthal organisiert.
Wir danken für die freundliche Unterstützung der Stadt Goslar und der Sparkasse Goslar/Harz.

Kontakt zum Preisträger:
Dr. Alexander Heisterkamp
Laser-Zentrum Hannover e.V.
– Gruppe Lasermedizin & Biophotonik –
Hollerithallee 8
30419 Hannover
Tel.: (0511)2788-484
Fax: (0511)2788-100
E-Mail: a.heisterkamp@lzh.de

Pressekontakt:
Dipl.-Biol. Anja Nieselt-Achilles
PhotonicNet GmbH Hannover
Geschäftsstelle Göttingen
Von-Ossietzky-Str. 99
37085 Göttingen
Tel.: (0551)30572-22 o. (0172)/534 75 96
Fax: (0551)30572 -11
E-Mail: anja.nieselt@photonicnet.de

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