Wissenschaftler der TU München entdecken viel versprechenden Tumorblocker

Ein von Forschern der Technischen Universität München (TUM) mitentwickelter Enzymhemmer, SB-3CT, konnte die Ausbreitung von Lymphknotenkrebs in der Leber von Mäusen um über 70% verringern und das Überleben der Tiere deutlich verlängern. Darüber berichten der Biologe Dr. Achim Krüger und sein Team vom Institut für Experimentelle Onkologie und Therapieforschung der TUM in der renommierten Fachzeitschrift Cancer Research. Bislang konnten die Wissenschaftler den Erfolg nur im Mausmodell nachweisen, doch Dr. Krüger hofft, dass sich die Erfolge in Zukunft auch auf den Menschen übertragen lassen.

Krebszellen brauchen Enzyme

Ausgangspunkt der Forscher ist das Wissen um eine Gruppe von Enzymen, sogenannter Matrix Metallproteinasen (MMP), die eine Schlüsselrolle bei der Ausbreitung eines Tumors spielen. Diese Zink-haltigen Enzyme sind beteiligt am Ab- und Umbau der Substanz, die sich zwischen den Zellen befindet, der sogenannten extrazellulären Matrix. Eine Untergruppe der MMPs, die Gelatinasen, befördern beispielsweise das Tumorwachstum, indem sie die Blutversorgung des sich ausbreitenden Krebses unterstützen. Dieser Prozess ist Voraussetzung dafür, dass Tumorzellen in Organe einwandern, die vom ursprünglichen Tumorknoten entfernt liegen. Die Verbreitung von Tumorzellen im Körper – die gefürchtete Metastasierung – ist der Hauptgrund, warum viele Krebsarten noch nicht therapiert werden können. Ziel einer so genannten antiproteolytischen, das heißt, auf die Enzyme gerichteten Krebstherapie, ist es, die Ausbreitung des Tumors zu verhindern und so den immer weiter fortschreitenden Verlauf der Erkrankung zu stoppen.

Ein neuer Ansatz in der Tumortherapie: Enzymblocker

Vor diesem Hintergrund entwickelten Wissenschaftler vor einigen Jahre MMP-Blocker, die an die Enzyme andocken und deren Aktivität drosseln sollten. Allerdings waren die ersten klinischen Prüfungen mit Krebspatienten enttäuschend. Die erwartete Hemmung der Tumorausbreitung blieb aus. „Ein Problem der MMP-Blocker“, beschreibt Achim Krüger, „war ihre fehlende Selektivität.“ Die MMP-Blocker der ersten Generation hemmten relativ wahllos die Aktivität vieler Zink-haltiger Enzyme. Dr. Krüger konnte in einem Experiment im Mausmodell zeigen, dass es dadurch sogar zu einer Verstärkung der Metastasenbildung kommen konnte. Als Ausweg aus dieser Situation schufen Krüger und sein Team einen MMP-Blocker, der sich ganz gezielt nur an wichtige MMPs anlagert und diese hemmt. Ergebnis ist der hochselektive Gelatinasehemmer SB-3CT, der an die reaktionsfreudige Stelle des Enzyms andockt und dort chemische Veränderungen bewirkt – die Gelatinase ist Schachmatt gesetzt.

SB-3CT – ein Erfolg versprechender Kandidat

Je höher die Dosis an SB-3CT umso größer war der Erfolg im Kampf gegen den Krebs. Während die unbehandelten Tiere zu 100% innerhalb kürzester Zeit an Tumormetastasen verstarben, lebte die Hälfte der mit SB-3CT behandelten Tiere deutlich länger. Der Unterschied ist hochsignifikant. Um sich ihrer Ergebnisse sicher zu sein, wiederholten die Wissenschaftler ihr Experiment drei Mal: das Resultat war immer das gleiche. „Wir gehen davon aus, dass die Metastasen hemmende Wirkung unmittelbar mit der Hemmung des Enzyms MMP9 zusammenhängt“, berichtet Dr. Achim Krüger. „Das ist eine wichtige Botschaft für die gesamte Krebsforschung, weil MMP9 bei vielen Krebsarten eine wichtige Rolle spielt.“

Quelle:
Cancer Research 2005, 1. Mai, 2005 „Priority Reports“
Antimetastatic Activity of a Novel Mechanism-Based Gelatinase Inhibitor
Achim Krüger(1), Matthias J.E. Arlt (1), Michael Gerg (1), Charlotte Kopitz (1), M. Margarida Bernardo (3)Mayland Chang (2) Shahriar Mobashery (2) and Rafael Fridman (3)

1 Institut für Experimentelle Onkologie und Therapieforschung der Technischen Universität München, Munich, Germany;

2 Department of Chemistry and Biochemistry and Walther Cancer Research Center, University of Notre Dame, Notre Dame, Indiana;

3 Department of Pathology, School of Medicine, Wayne State University, Detroit, Michigan

Media Contact

Dr. Fabienne Hübener idw

Weitere Informationen:

http://www.med.tu-muenchen.de

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