Wirbeltier-Morphologen zum Weltkongress in Jena

Rund 700 Wissenschaftler aus 53 Ländern reisen morgen (21.07.) zum 6. Internationalen Kongress für Wirbeltier-Morphologie in Jena an. Die Tagung, die bis zum kommenden Donnerstag (26.07.) dauert, ist die bislang größte in ihrer Fachdisziplin und findet erst zum zweiten Mal in Deutschland statt. „Morphologie“ heißt einfach „Formenlehre“, und meint hier den Wissenschaftszweig, der Aufbau und Entwicklung von Mensch und Tier vergleichend untersucht.

Der Begriff wurde übrigens von Johann Wolfgang Goethe in Jena geprägt; die Forscher kehren also quasi 200 Jahre später an den Ursprung ihrer Wissenschaft zurück. Auch der Jenaer Evolutionsbiologe Ernst Haeckel (1834-1919) steht in der historischen Tradition des Standorts Jena.

Das Teilnehmerfeld ist prominent und das Spektrum der Vorträge überaus weit gefasst: Wie haben sich Dinosaurier auf Veränderungen ihrer Umweltbedingungen eingestellt? fragen etwa Paläontologen. Welche genetischen Mechanismen sorgen für die Ausbildung von Armen und Beinen, Flügeln oder Flossen? erforschen Molekularbiologen und Genetiker. Einige der Fragestellungen gehen letztlich sogar das Wirbeltier namens „Mensch“ ganz unmittelbar an: etwa, wie Muskeln und Skelett zusammenspielen. Einseitige Belastungen führen eine regelrechte Umformung im Bewegung- und Stützapparat herbei.

Privatdozent Dr. Matthias Starck vom Institut für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie der Universität Jena erwartet eine ganze Reihe spannender neuer Erkenntnisse, nicht nur aus der Dinosaurier-Forschung. „Aus dem Vergleich von verschiedenen Entwicklungsstadien bei Tieren lernen wir letztlich, wie die Evolution in der Natur funktioniert“, so Starck. „Damit hat sich schon Ernst Haeckel beschäftigt, aber heute sind wir – auch dank der modernen Genetik – ein großes Stück weiter.“ So gibt es überraschenderweise nur ein einziges, das so genannte pax-6-Gen, das bei allen Wirbeltier-Embryonen die Ausbildung von – am Ende sehr unterschiedlichen – Augen steuert. Selbst bei Insekten findet sich dieses Gen, obwohl diese nicht zu den Wirbeltieren zählen.

Die Morphologen beschäftigen sich mit der zwei Gramm leichten Zwergspitzmaus ebenso wie mit dem ehedem 80 Tonnen schweren Dinosaurier, dem daumennagelgroßen Guppy wie dem hochhausgroßen Blauwal. Dennoch geben ihnen selbst so vertraute Organismen wie die Schneegans immer noch Rätsel auf: Wie schafft es dieser Marathon-Zugvogel bei zehn Kilometern Flughöhe über dem Himalaya in dünner Luft, seinen Leistungsstoffwechsel aufrecht zu erhalten? – „Vögel haben keine Lungenbläschen wie etwa wir Menschen, sondern ein röhrenstrukturiertes Gasaustauschgewebe in den Lungen“, erklärt Starck. Damit gelangt beim Ein- und beim Ausatmen Sauerstoff in den Organismus.

Andere Tiere, andere Lebensräume, angepasste Strategien: Manche Fische atmen durch den Darm, viele Frösche über die Haut. Wie sie sich im Laufe der Jahrmillionen perfekt auf die Lebensbedingungen in ihrer Umwelt eingestellt haben, beschäftigt die Ökomorphologen.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Martin S. Fischer und PD Dr. Matthias Starck
Institut für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie der Universität Jena
Tel.: 03641/949140 und 949155, Tagungsbüro: 941876 und 941871


Friedrich-Schiller-Universität
Dr. Wolfgang Hirsch
Referat Öffentlichkeitsarbeit
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