Weiterer Rezeptor für Prostatavergrößerung entdeckt

Menschliche Prostatazellen im Fluoreszenzmikroskop. Zellkerne sind blau dargestellt. Das muskeltypische Protein Aktin (gelblich) zeigt, dass es sich um Muskelzellen handelt. dei At1-Rezeptoren sind dank Immunfährbung in rot zu sehen. Aufnahme: Gunter Wennemuth

Gewebshormon Angiotensin II wirkt auf AT1-Rezeptor in der männlichen Vorsteherdrüse – Klinische Studien könnten therapeutischen Effekt von Rezeptor-Antagonisten nachweisen – Veröffentlichung von Forschern der Philipps-Universität Marburg im British Journal of Pharmacology

Dr. Gunther Wennemuth und Professor Dr. Gerhard Aumüller vom Institut für Anatomie und Zellbiologie der Philipps-Universität Marburg haben durch in vitro-Untersuchungen an menschlichen Prostatazellen nachgewiesen, dass in der Prostata, der Vorsteherdrüse bei Männern, der so genannte AT1-Rezeptor sowohl vorhanden als auch funktionell ist. Dieser Rezeptor kommt damit als eine der möglichen Ursachen für die krankhafte Vergrößerung (Knotenbildung) der Prostata in Betracht, die bei bis zu achtzig Prozent der Männer meist in späteren Lebensabschnitten zu teilweise großen Beschwerden führt. Die Arbeit von Wennemuth und Aumüller wurde im British Journal of Pharmacology unter dem Titel „Angiotensin II-mediated calcium signals and mitogenesis in human prostate stromal cell line hPCPs“ (BJP (2005) 144, 3-10) veröffentlicht.

Die Wissenschaftler waren von der Fragestellung ausgegangen, wie es zur so genannten benignen Prostata-Hyperplasie (BPH), zur gutartigen Vergrößerung der Prostata kommt. In letzter Zeit war vermehrt vermutet worden, dass eine Reihe von Botenstoffen, unter anderem Angiotensin II (ein Gewebshormon, das Muskelzellen in den Blutgefäßen zum Wachstum stimuliert), dafür in Betracht kommt. Aus Mangel an Tiermodellen – BPH ist nur bei Menschen, Hunden und Löwen bekannt, was die Forschung bisher stark behinderte – haben Wennemuth und Aumüller nun an einer Zellkultur von Prostata-Muskelzellen nachweisen können, dass der AT1-Rezeptor in den knotenbildenden Muskelzellen der Prostata vorhanden ist und dass Angiotensin II an ihn bindet.

Somit besteht Hoffnung, so ein begleitender Kommentar im BJP, „dass eine bereits existierende Medikamentenfamilie, die AT1-Rezeptor-Antagonisten, genutzt werden könnte, um eine der am weitesten verbreiteten Beschwerden älterer Männer zu behandeln und ihr vorzubeugen, nämlich der BPH“. Rezeptor-Antagonisten verhindern, dass Angiotensin an die Rezeptoren bindet – so kann das Hormon seine wachstumsfördernde Wirkung nicht entfalten. Kann in klinischen Studien nun ein Zusammenhang zwischen der Funktion des AT1-Rezeptors und BPH nachgewiesen werden, könnten künftigen Patienten viele Beschwerden erspart bleiben, von Behinderungen bei der Harnentleerung bis hin zu Blasenschwäche. Gleichzeitig hätte dies angesichts der hohen Zahl von Patienten auch positive ökonomische Konsequenzen.

Auch zuvor wurden bereits verschiedene andere Rezeptoren in den glatten Muskelzellen der Prostata entdeckt. Allerdings zeigte deren Blockade durch Medikamente bislang keinen durchschlagenden therapeutischen Erfolg.

Die gutartige BPH ist zu unterscheiden von dem bösartigen Prostatakarzinom, an dem allein in der Bundesrepublik jährlich bis zu 20.000 Patienten sterben. Gleichwohl steht zu erwarten, dass die weitere Erforschung der Prostatafunktionen auch zu Erkenntnissen über diese häufig tödliche Krebskrankheit führt.

Kontakt

HD Dr. Gunther Wennemuth: Institut für Anatomie und Zellbiologie der Philipps-Universität Marburg, Robert-Koch-Straße 8, 35037 Marburg
Tel. (06421) 28 64042, E-Mail: wennemut@staff.uni-marburg.de

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Thilo Körkel idw

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