Schritt für Schritt: Biologen simulieren Zellwanderung

Viele menschliche Zelltypen können sich bewegen: Abwehrzellen jagen nach Infektionserregern, um sie zu fressen und zu verdauen; bei der Wundheilung wandern Reparatur-Zellen zur verletzten Stelle und bilden neue Gefäße. Krebszellen bewegen sich sogar, obwohl sie es gar nicht sollen, und können so fern von ihrem Entstehungsort Metastasen bilden.

Wissenschaftler des Bereichs „Theoretische Biologie“ an der Universität Bonn wollen die Zellwanderung nun im Computer simulieren. Sie hoffen, so auch neue Ansatzpunkte für Medikamente identifizieren zu können. Das Projekt wird von der Volkswagenstiftung mit knapp 200.000 Euro gefördert.

Hautzellen bewegen sich wie Spannerraupen: Sie heften sich mit ihrem Bauch an den Untergrund, stülpen ein „Ärmchen“ aus, „klammern“ sich damit ebenfalls am Untergrund fest, lösen die anderen Anheftungsstellen und ziehen sich mit ihrem intrazellulären „Muskelapparat“ an dem Zellärmchen nach vorne.

An dem Vorgang sind vor allem zwei Komponenten beteiligt: Der so genannte Adhäsionskomplex sorgt für genügend Bodenhaftung; er ist mit dem intrazellulären Muskelapparat verbunden. Dieser „aktive“ Teil des Zellplasmas ist für die Krafterzeugung zuständig. „Zellen wandern Schritt für Schritt in einem zyklischen und zeitlich genau koordinierten Prozess“, erklärt Professor Dr. Wolfgang Alt vom Bereich Theoretische Biologie. „Wir wollen am Rechner simulieren, wie diese beiden Komponenten ineinandergreifen.“ Erstes Ziel der Forscher ist es, an allen Stellschräubchen der Software so zu drehen, dass sich die virtuelle Zelle möglichst genauso bewegt wie ihr reales Vorbild. „Dazu werden wir Simulationsläufe mit experimentellen Filmaufnahmen vergleichen und die Parameter sukzessive optimieren.“

In einem zweiten Schritt hoffen die Wissenschaftler, mögliche Ansatzpunkte für neue Medikamente zu finden. So will man bei Krebszellen die Zellwanderung verhindern, damit sich keine Metastasen bilden. Die Computersimulation könnte zeigen, wo ein Medikament angreifen müsste, um diesen Zweck möglichst wirkungsvoll zu erreichen.

Kontakt:

Professor Dr. Wolfgang Alt
Abteilung Theoretische Biologie
Institut für Zelluläre und Molekulare Botanik der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-5577
E-Mail: wolf.alt@uni-bonn.de

Media Contact

Frank Luerweg idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-bonn.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer