Nano-Straßenbahn

Autonome Nanomaschine: DNA-Fragment wandert entlang selbstorganisierter DNA-Bahn

Eine der interessantesten Herausforderungen im Bereich der Nanotechnologie ist der präzise Transport von Nanoobjekten von einer Stelle einer Nanostruktur über eine definierte Route zu einer anderen. Einen Anfang, diese Herausforderung zu meistern, haben Forscher nun gemacht: Drei „Haltestellen“ hat ihre nanoskopische „Straßenbahn“, die aus der Erbsubstanz DNA konstruiert wurde.

DNA hat sich als Nano-Baumaterial bereits vielfach bewährt: Aufgrund der spezifischen Basen-Paarung zueinander komplementärer DNA-Bereiche ist dieser Baustoff in der Lage, sich per Selbstorganisation zu definierten Strukturen anzuordnen, die gezielt über die Reihenfolge der Nucleotid-Bausteine vorbestimmt werden können. Auch das Team um Hao Yan und John H. Reif aus Durham (USA) sowie Andrew J. Turberfield aus Oxford (Großbritannien) griff auf DNA zurück: Das „Schienensystem“ für ihre Nano-Straßenbahn wird von einem doppelsträngigen DNA-Rückgrat gebildet. Über kurze einzelsträngige „Scharniere“ knüpften die Wissenschaftler drei doppelsträngige DNA-Stücke, die sich wie starre Stäbe verhalten, als „Haltestellen“ an das Rückgrat. Die Straßenbahn ist zunächst an der ersten Haltestelle befestigt: Das winzige Fahrzeug besteht aus zweimal drei Nucleotiden, die jeweils an den Enden der beiden Stränge der Haltestellen-DNA hängen. Das Entscheidende: Die sechs Straßenbahn-Nucleotide liegen einander nicht genau gegenüber, sondern sind so versetzt, dass an einem der Stränge drei Nucleotide überstehen. Diese wirken wie eine Art Klebepunkt auf ihre Gegenstücke. Und die zweite Haltestelle ist denn auch so konstruiert, dass hier ebenfalls drei Nucleotide überstehen, die genau dazu passen. Klappen jetzt beide Haltestellen an ihren Scharnieren so um, dass sie zueinander zeigen, haften die überstehenden Enden aneinander. Das Enzym Ligase verknüpft sie zu einem durchgehenden Doppelstrang. Nun kommt ein weiteres Enzym, eine Nuclease, ins Spiel, das DNA-Doppelstränge wie eine Schere zerschneidet. Diese molekulare „Schere“ ist aber wählerisch und schneidet nur, wenn sie eine ganz bestimmte Nucleotid-Reihenfolge vorfindet. Sie zerschnippelt das Ensemble aus 1. Haltestelle, Straßenbahn und 2. Haltestelle in einer Weise, dass die 1. Haltestelle abgekoppelt wird und die Straßenbahn nur noch an der 2. Haltestelle hängt. Nach dem selben Prinzip wird dann die Straßenbahn-DNA an die 3. Haltestelle weitergereicht. Das ganze System arbeitet völlig autonom, wenn ATP (Adenosintriphosphat) als „Treibstoff“ zugegeben wird.

Falls es gelingt, die passenden Nucleasen zu finden, wären auch ausgedehntere „Schienennetze“ mit vielen „Haltenstellen“ und längeren „Straßenbahnen“ denkbar, an die z.B. Nanoobjekte angeknüpft werden – Voraussetzung für die Konstruktion „intelligenter“ Nanoroboter.

Kontakt:
Prof. Dr. Hao Yan
Department of Chemistry and Biochemistry & Biodesign Institute
Arizona State University
Tempe
AZ 85287-1604
USA
Tel.: (+1) 480-727-8570
Fax: (+1) 480-965-2747
E-mail: hao.yan@asu.edu

Prof. Dr. A. J. Turberfield
University of Oxford
Department of Physics, Clarendon Laboratory
Parks Road
Oxford OX1 3PU
UK
Tel.: (+44) 1865-272-359
Fax: (+44) 1865-272-400
E-mail: a.Turberfield@physics.ox.ac.uk

Prof. Dr. J. H. Reif
Department of Computer Science
Duke University
Durham
NC 27708
USA
Tel.: (+1) 919-660-6568
Fax: (+1) 919-660-6519
E-mail: reif@cs.duke.edu

Angewandte Chemie Presseinformation Nr. 37/2004
Angew. Chem. 2004, 116 (37), 5014 – 5019
ANGEWANDTE CHEMIE
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