Cadmium den Weg abschneiden

Wittener Forscher sucht in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt nach Wegen, dem gefürchteten Schwermetall den Zugang zur Zelle zu verbauen, ohne nützliche Metalle wie Eisen zu blockieren

Es reichert sich ausgerechnet in Fisch und Gemüse an, die für eine gesunde Ernährung stehen, ist aber auch Bestandteil des Lieblingsgenussmittels der Deutschen, dem Tabak: die Rede ist vom Schwermetall Cadmium – u.a. mitverantwortlich für die Entstehung von Nierenkrebs. „Die Verunreinigung der Umwelt mit dem Schwermetall wird weltweit weiter zunehmen“, befürchtet Prof. Dr. Dr. Frank Thévenod, Leiter des Instituts für Physiologie und Pathophysiologie an der Universität Witten/Herdecke. „Deshalb müssen wir heute nach Wegen suchen, den menschlichen Körper wirkungsvoller dagegen zu schützen.“ Der Wittener Spezialist für so genannte Epithelien (Grenzflächen im Inneren des menschlichen Körpers, über die der Stoffaustausch geregelt wird) untersucht deshalb im Rahmen eines gerade genehmigten Projekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit einem Volumen von ca. 130.000 Euro, auf welchen Wegen sich Cadmium im menschlichen Körper anreichert und wie man den Schadstoff und andere, für Krebs mitverantwortliche Schwermetalle, künftig daran hindern kann.

Die Aufnahme des Cadmiums über die Nahrung erfolgt zum größten Teil über die Epithelien des menschlichen Darms. Normalerweise können diese Grenzgewebe, an denen der nährstoffhaltige Speisebrei vorbeigeleitet wird, sehr genau unterscheiden zwischen guten und schlechten Stoffen: Alles, was der Körper nicht verarbeiten will, wandert über den Stuhl nach draußen. Bei Cadmium versagt das Unterscheidungsvermögen der Epithelien. Grund: „Das Cadmium ist eine Art Trojanisches Pferd. Es tarnt sich als Eisen, wird damit von den Epithelien als `guter Stoff´ erkannt und als solcher aufgenommen“, erklärt Thévenod. Sobald es durch die Epithelien geschlüpft ist, beginnt das Cadmium sein zerstörerisches Werk: Es reichert sich in Organen an, vor allem in Niere, Knochen und Leber, und verdrängt dort das Eisen aus seinen Verbindungen mit Zellbestandteilen, die für die normale Funktion der Organe lebenswichtig sind. Das freigewordene Eisen ist jedoch aggressiv. Es entstehen Sauerstoffradikale, die Zellen und Gewebe schließlich zugrunde richten oder Mutationen bewirken – möglicherweise der Beginn eines Tumors. Doch die Zellen wehren sich und entwickeln ihrerseits Überlebens- und Schutzstrategien, um die schädigenden Wirkungen von Cadmium einzudämmen.

Die Tricks der Wissenschaftler zur Überlistung des Cadmiums könnten dagegen so aussehen: Nach Erforschung der Wege, über die die nützlichen Metalle die Zelle erreichen, kann man diese möglicherweise gezielt einsetzen, damit sie in Konkurrenz zu den giftigen Metallen treten. Noch ein anderer Weg wäre vorstellbar, um das Trojanische Pferd Cadmium abzuwehren, so Thévenod: „Wir müssen lernen, wie Zellen Strategien entwickeln, um sich vor Cadmium zu schützen, und dann Medikamente entwickeln, die diesen Abwehrvorgang der Zellen unterstützen.“ „Wir werden alle denkbaren Wege wissenschaftlich überprüfen“, verspricht Thévenod, „und dann hoffentlich eine Lösung finden.“

Kontakt: Prof. Dr. Dr. Frank Thévenod, Tel.: 02302/669-221, -215 (Sekret.), Fax: 02302/669-182, E-Mail: frank.thevenod@uni-wh.de

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Dr. Olaf Kaltenborn idw

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