"Big MAK" – optimierte Antikörper im Kampf gegen Krebs und andere Volkskrankheiten

Mit einer firmeneigenen Technologie zur Herstellung monoklonaler Antikörper (MAK) zielt die in Martinsried bei München ansässige MorphoSys AG auf einen dynamisch wachsenden Milliardenmarkt. Gegenwärtig befinden sich bereits über 20 therapeutische Antikörper in der Entwicklungspipeline des Unternehmens. Damit gehört die im Jahre 1992 gegründete MorphoSys AG zur weltweiten Speersitze der zukunftsträchtigen Antikörper-Technologie.

Als sich im Jahre 1897 die Kunde von sagenhaften Goldfunden in Kanada und Alaska wie ein Lauffeuer um die Welt verbreitete, machten sich Tausende von Glücksrittern auf den Weg, um an den unwirtlichen Gestaden des Yukon nach dem begehrten Edelmetall zu schürfen. In ganz ähnlicher Weise sucht die pharmazeutische Industrie unentwegt nach nicht minder wertvollen ”Nuggets” in Form neuartiger Medikamente. Wuschen die alten Goldgräber einst Tonnen von Sand, um auf ein paar Goldkörner zu stossen, so müssen Chemiker und Biologen heute Myriaden von Verbindungen abklopfen, um nur einem einzigen potentiellen Wirkstoff-Kandidaten auf die Spur zu kommen.

Um nicht nach der berühmten ”Stecknadel im Heuhaufen” fahnden zu müssen, versuchen die Forscher mit einer strategischen Vorgehensweise die Suche nach neuen Wirkstoffen möglichst effizient zu gestalten. Als besonders vielversprechend gelten seit kurzem monoklonale Antikörper (MAK). Antikörper sind Teil des körpereigenen Abwehrsystems, die Technik der monoklonalen Erzeugung macht sie als Medikamente nutzbar. ”Vor zwölf Jahren waren monoklonale Antikörper in der Therapie noch weitgehend unbekannt, heute handelt es sich um das am schnellsten wachsende Marktsegment für Medikamente”, verdeutlicht Dr. Simon E. Moroney, Vorstandsvorsitzender der MorphySys AG.

So liegt die derzeitige Wachstumsrate für therapeutische Antikörper, mit denen weltweit im vergangenen Jahr bereits über 5 Milliarden Dollar erwirtschaftet wurden, derzeit bei rekordverdächtigen 30 Prozent. Ende 2003 waren weltweit 16 Antikörper für die Indikationsgebiete Brust- oder Lymphdrüsenkrebs, Rheuma, Arthritis und Morbus Crohn zugelassen, mehr als 200 therapeutische Antikörper befinden sich gegenwärtig in der Entwicklung.

Antikörper sind Y-förmige Eiweißmoleküle, die einen ”Gegner” zielgerichtet auf der molekularen Ebene angreifen. Auf Grund dieser Eigenschaft gelten Antikörper in der Turmortherapie derzeit als große Hoffnungsträger, weil sie auf typische Oberflächenmerkmale von Tumorzellen zugeschnitten werden können. Ein aktuelles Beispiel ist das von Roche gegen Brustkrebs entwickelte Herceptin. Der monoklonale Antikörper wirkt speziell gegen einen Tumortypen, der durch eine Überproduktion des Wachstumsregulators HER2 ausgelöst wird. Im Organismus dockt Herceptin an die für das Wachstum der Zellen verantwortlichen HER2-Rezeptoren an und blockiert diese. Die Folge ist, dass die Fortentwicklung des Tumors gestoppt oder zumindest verlangsamt wird.

Modernste Forschungsansätze zielen darauf ab, die Eigenschaften der Antikörper in Anhängigkeit von der jeweiligen Anwendung zu optimieren. Genau an dieser Stelle kommt die von MorphySys entwickelte HuCALÒ-Technologie (Human Combinatorial Antibody Library) zum Tragen, deren Antikörper ausschließlich aus menschlichen Proteinen bestehen. Ursprünglich wurden MAK durch die Immunisierung von Mäusen gewonnen. Von Mäusen stammende Antikörper sind jedoch nur eingeschränkt als Therapeutika geeignet, da das menschliche Immunsystem die von der Maus stammenden Antikörper als Fremdmoleküle erkennt, was wiederum Abwehrreaktionen hervorrufen kann. Diese ”Nebenwirkungen” wurden in den Folgejahren wurden in den Folgejahren durch eine stufenweise ”Humanisierung” der Antikörper herabgesetzt.

Mit der HuCALÒ-Technologie hat MorphoSys die bisher fortschrittlichste Methode zur Herstellung von humanen Antikörpern entwickelt. Kern der Innovation ist die Reproduktion des menschlichen Antikörperreservoirs im Reagenzglas. Die inzwischen auf mehr als 12 Milliarden menschlicher Antikörper basierende Antikörperbibliothek HuCALÒ von Morphosys wurde nach einem als Phage Display bezeichneten Verfahren aufgebaut, das sich einer biologischen Besonderheit der so genannten Bakteriophagen zunutze macht. Letztere sind eine für den Menschen völlig harmlose Gattung von Viren. Wird in das Erbgut der Bakteriophagen die genetische Information für Antikörperfragmente eingeführt, dann ”präsentieren” die auf diese Weise entstehenden Phagen das jeweilige Antikörperfragment auf ihrer Oberfläche. Wird nun ein passender Antikörper gegen ein bestimmtes Antigen gesucht, so binden nur solche Phagen aus der Bibliothek an die Zielstruktur, die einen passenden Antikörper an der Oberfläche vorweisen. ”Mit Hilfe unserer Technologie können die Antikörper optimal an das jeweilige Target andocken”, erläutert Dr. Moroney. Dadurch werde die Bindungsstärke und Bindungsspezifität erhöht. Somit verfügt Morphosys über eine bisher einzigartige Plattform. Diese gestattet es, Antikörper je nach Indikationsgebiet und den Bedürfnissen der Kunden zu optimieren.

Zur Zeit befinden sich bei MorphoSys sechs HuCALÒ Antikörperprogramme in der präklinischen Entwicklung und weitere 12 in der fortgeschrittenen Forschungsphase. Die wichtigsten Targets sind Tumorerkrankungen, Alzheimer, Entzündungen und Infektionen. Bei der Mehrzahl der laufenden Programme handelt es sich um Partnerprogramme mit ”Blue-Chip”-Partnern, die über die erforderlichen Ressourcen und das Know-how verfügen, HuCALÒ Antikörper durch den klinischen Entwicklungsprozeß zu begleiten. Dazu gehören unter anderem Unternehmen wie Roche, Bayer, Boehringer Ingelheim, Bristol-Myers Squibb, Novartis und Pfizer.

Media Contact

Rolf Froböse MorphoSys AG

Weitere Informationen:

http://www.morphosys.de

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