Forschungsprojekt "Fabrik" für Antikörper

In der „Antikörperfabrik“ wollen deutsche Forscher erstmals eine bisher unerreichbare Vielzahl von Antikörpern komplett im Reagensglas herstellen. Mithilfe dieser winzigen Abwehrspezialisten entschlüsseln sie nicht nur die Selbstverteidigung des Körpers, sie kommen auch den vielen tausend bisher unerforschten Eiweißstoffen in gesunden Zellen auf die Spur. Mit zwei Millionen Euro fördert das Bundesforschungsministerium jetzt das ehrgeizige Projekt.

Antikörper sind Eiweißstoffe, die unser Körper bildet, um eindringende Krankheitserreger abzuwehren. Deshalb gibt es Milliarden unterschiedlicher Antikörper, welche alle eine sehr ähnliche Struktur besitzen, von denen jeder aber einen anderen aus einer Vielzahl unterschiedlicher Stoffe sehr stark binden kann. Für Wissenschaftler wie Prof. Stefan Dübel vom Institut für Biochemie und Biotechnologie der Technischen Universität Braunschweig und seine Kollegen sind Antikörper nicht nur in der Immunabwehr interessant. Da in erster Linie sie es ermöglichen, einzelne Eiweißstoffe einer lebenden Zelle zu unterscheiden, liefern sie den Schlüssel zu den Bausteinen des Lebens.

„Blitzlichtaufnahmen“ von kranken und gesunden Zellen

Die „Antikörperfabrik“ (Antibody Factory), ein Verbund von führenden Forschungseinrichtungen, hat sich zur Aufgabe gesetzt, das Zusammenwirken aller Eiweißstoffe in einem ganzheitlichen Ansatz zu untersuchen. Beteiligt sind neben dem Institut für Biochemie und Biotechnologie der Technischen Universität Braunschweig drei weitere Partner: die Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF) in Braunschweig, das Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin und das Deutsche Ressourcenzentrum für Genomforschung (RZPD) in Heidelberg und Berlin.

Die Herstellung jedes einzelnen Antikörpers für die Forschung erfolgte bisher jedoch aufwändig in Versuchstieren und erforderte größere Mengen des zu erforschenden Eiweißes in reiner Form. In dem neuen Forschungsprojekt sollen Antikörper komplett im Reagensglas hergestellt werden. Versuchstiere werden dazu nicht mehr benötigt. Die auf diese Weise hergestellten Antikörper können auch völlig neue Eigenschaften besitzen, wie sie mit den konventionellen Verfahren nicht zu erzielen sind. Das ist auch deshalb wichtig, weil es Antikörper bislang nur gegen einen verschwindend geringen Teil aller Eiweiße in den Zellen gibt, sodass deren Nachweis bisher noch nicht allgemein möglich ist. Hier soll die „Antikörperfabrik“ den Weg aufzeigen, möglichst viele dieser Stoffe gleichzeitig nachzuweisen, um quasi eine „Blitzlichtaufnahme“ des biochemischen Zustandes einer Zelle zu gewinnen. Durch den Vergleich von kranken und gesunden Eiweiß-Mustern erhoffen sich die Forscher außerdem weitere Hinweise auf Krankheitsursachen. Viele Antikörper können zudem direkt für die Diagnose von Krankheiten eingesetzt werden.

Zwei Millionen Euro Förderung „Von der Genomforschung hin zur Proteomforschung“

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat jetzt beschlossen, die „Antibody Factory“ im Rahmen der zweiten Förderungsrunde für das nationale Genomforschungsnetz (NGFN) mit zwei Millionen Euro fördern. Der Sprecher des Forschungsverbundes, Prof. Stefan Dübel, erhofft sich vor allem neue Impulse für die Proteomforschung:

„Aus genau den gleichen Genen baut die Natur einmal eine Raupe, dann einen Schmetterling. Die Unterschiede liegen vor allem im Proteinmuster. Um diese Unterschiede zu erforschen braucht man einfach sehr viele Antikörper. Unser Projekt „Antibody Factory“ ist ein entscheidender Meilenstein für eine systematische Erforschung dieser Unterschiede – entscheidend übrigens durchaus auch im internationalen Vergleich. Denn selbst in den USA gibt es noch nichts in dieser Größenordnung“, so Dübel.

Über die Antibody Factory

Die „Antikörperfabrik“ ist eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Nationalen Genomforschungsnetztes (NGFN) geförderte Initative. Ziel ist die Entwicklung von Methoden zur Bereitstellung von Antikörpern für die Forschung, insbesondere auf den Gebieten der Proteomik und klinisch relevanter Themen. Die Antibody Factory vereinigt dazu Beiträge aus vier Forschungsinstituten: dem Institut für Biochemie und Biotechnologie der Technischen Universität Braunschweig, der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF) in Braunschweig, dem Max-Planck-Institut für molekulare Genetik (Berlin) und dem Deutschen Ressourcenzentrum für Genomforschung (RZPD) in Heidelberg und Berlin.

Über die Technische Universität Braunschweig und ihren Schwerpunkt Lebenswissenschaften

Die TU Braunschweig, heute Alma mater für 14.000 Studierende, wurde bereits 1745 gegründet und ist die Technische Universität mit der ältesten Tradition in Deutschland. Unter den 66 Studiengängen und den zahlreichen Forschungsgebieten bilden die Lebenswissenschaften einen besonderen Schwerpunkt. Einmalig ist die enge Verknüpfung der Lebenswissenschaften, welche die Biologie, Biotechnologie, Chemie und Pharmazie umfassen, mit den ebenfalls breit vertretenen Ingineurwissenschaften, z.B. in den Bereichen Biotechnologie oder Bioinformatik. Weitere Attraktivität gewinnt die Biotech-Forschung in Braunschweig durch die Zusammenarbeit mit den renommierten außeruniversitären Forschungseinrichtungen vor Ort.

Weitere informationen:

Antibody Factory
Technical University of Braunschweig
Institute of Biochemistry and Biotechnology
Prof. Dr. Stefan Dübel
Spielmannstr. 7, 38106 Braunschweig
Phone: 0531/391-5731, Fax: -5763
antibody-factory@tu-bs.de

Media Contact

Dr. Elisabeth Hoffmann idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer