Molekül-Blocker gegen Multiple Sklerose

Ein neuartiges Medikament gegen Multiple Sklerose zu entwickeln ist das Ziel des Göttinger Biotechnologie-Unternehmens Selecore. Der neue Wirkstoff soll der Substanzklasse der Mikroproteine angehören, auf deren Herstellung Selecore spezialisiert ist. Das BioProfil „Funktionelle Genomanalyse“ hat dieses Projekt zur Förderung aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) empfohlen. Die Fördersumme beträgt eine Million Euro.

Weltweit leiden rund 2,5 Millionen Menschen an Multipler Sklerose. Die Krankheit tritt meist im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auf und ist eine so genannte Autoimmunerkrankung – eine Fehlsteuerung des Immunsystems, das plötzlich Zellen und Strukturen des eigenen Körpers angreift statt von außen eingedrungene Erreger zu bekämpfen. Im Fall der Multiplen Sklerose sind es die Myelinscheiden – die Isolier-Schicht, die die Nervenfasern umhüllt – gegen die die körpereigene Abwehr ihre T-Zellen mobilisiert. Diese Immunzellen bauen die Myelinscheiden ab. Störungen der Reizleitung in den Nervenbahnen sind die Folge.

Um vom Blut in das Nervengewebe vordringen zu können, benötigen die fehlgeleiteten Abwehrzellen ein Molekül namens VLA-4 auf ihrer Oberfläche, das sie befähigt, die Wände der Blutgefäße zu durchdringen. Wirkstoffe, die VLA-4 gezielt blockieren, können das Fortschreiten der Multiplen Sklerose aufhalten und die Ausbrüche der schubweise auftretenden Krankheit abmildern.

Klein, stabil und wirkungsvoll

Dieses Verfahren wird in der Medizin bereits angewandt: „Im Labor hergestellte Antikörper, die spezifisch gegen VLA-4 gerichtet sind, befinden sich in der fortgeschrittenen klinischen Erprobung. Sie haben aber eine Reihe von Nachteilen“, erklärt Selecore-Sprecher Dr. Harald Kolmar. „Sie sind instabil und schwierig zu lagern, können nicht in Tablettenform eingenommen werden und ihre Herstellung ist aufwändig und teuer.“ Kleinere und stabilere Moleküle, die an VLA-4 binden können, haben ebenfalls ihre Tücken: Ihnen fehlt die Spezifität – sie blockieren also neben VLA-4 auch andere Strukturen im menschlichen Körper. Bedenkliche Nebenwirkungen können die Folge sein.

Selecore will der Krankheit deshalb mit neuartigen Medikamenten zu Leibe rücken, den Mikroproteinen. Diese kleinen Eiweißstoffe – sie bestehen nur aus rund 30 Aminosäure-Bausteinen, wesentlich weniger als die meisten anderen Proteinmoleküle – können leicht mit chemischen und biotechnologischen Verfahren so angepasst werden, dass sie gegen das VLA-4 wirken. Stabil und spezifisch zugleich, sollen sie die Vorteile von Antikörpern und kleinen chemischen Wirkstoffen vereinen – und vor allem einfach und preisgünstig herzustellen sein.

Die Forscher von Selecore hoffen, in einigen Jahren eine wirtschaftliche Alternative zu bisher gängigen Medikamenten gegen die Multiple Sklerose auf den Markt bringen zu können.

Ihre Ansprechpartnerin:

Ilka Zajons
BioRegioN GmbH
Vahrenwalder Straße 7
D-30165 Hannover
Tel +49 (0) 511.9357-958
Fax +49 (0) 511.9357-963
eMail: presse@bioregion.de

Media Contact

Dipl.-Ing. Ilka Zajons idw

Weitere Informationen:

http://www.bioregion.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Neue Lösungsansätze für wachsende Resistenzen gegen Pilzmedikamente

Resistenzen gegen Pilzmedikamente (sog. Antimykotika) stellen Gesundheitssysteme weltweit vor große Herausforderungen. Auch in Österreich erkranken jährlich etwa 130.000 Menschen an Pilzinfektionen, die oftmals auch tödlich enden können. Mit dem neuen…

Standardisierte Wasserkühlung ebnet Weg für AI

Rittal auf dem 2024 OCP Regional Summit Lissabon Künstliche Intelligenz (AI) verändert die Welt der IT-Infrastruktur. Der Bedarf an Rechenleistung und Kapazität wächst so stark, dass auch die Anforderungen an…

Partner & Förderer