Die Zähne des Neandertalers

Wachstumslinien im Zahnschmelz, mit einem Konfokalmikroskop beobachtet. © F. Ramirez Rozzi - UPR CNRS 2147

Die Menschheitsgeschichte ist kompliziert. Ein Hauptproblem besteht darin, die Menschenspezies differenzieren zu können. Zum Beispiel sind die Unterschiede in der DNA des modernen Menschen („Homo sapiens“) und der des Neandertalers (Homo neandertalensis) zu gering, um darauf schließen zu können, das es sich um verschiedene Spezies handelt. Spezies sind verschieden, wenn sie sich untereinander nicht reproduzieren können. Somit haben Wissenschaftler jahrelang versucht zu zeigen, dass das Wachstum von Neandertalern und Homo sapiens unterschiedlich ist: dies wäre ein indirekter Beweis für die verschiedenen Spezies gewesen.

Vor kurzem konnten CNRS Wissenschaftler des französischen Labors „Dynamik der menschlichen Entwicklung“ endlich beweisen, dass innerhalb des „Homo“ Genus der Neandertaler tatsächlich eine verschiedene Spezies vom modernen Mensch ist. Den Beweis dafür liefert die Zahnentwicklung.

Die Wissenschaftler haben mit Hilfe eines Mikroskops die Mikrostruktur des Zahnschmelzes von Homo sapiens und Homo neandertalensis analysiert: diese Mikrostruktur ist interessant, weil sie Informationen über die Zahnentwicklung und die Wachstumsgeschwindigkeit gibt: der Zahnschmelz verursacht nämlich, wenn er wächst, transversale Rillen, die jeden neunten Tag eine neue sogenannte Rentzius Rille bilden. Die Zahl und Neigung der Rentzius Rillen ermöglicht, die Wachstumsgeschwindigkeit des Zahnschmelzes und seine räumliche Ausdehnung zu determinieren.

Das Ergebnis ist eindeutig: die Neandertaler haben das schnellere Zahnwachstum: beinahe 15% Mal so schnell wie beim Homo sapiens. Es ist auch konsistent mit anderen Kenntnissen, laut deren Neandertaler im Alter von 15 Jahren bereits völlig ausgewachsen sind (für Schimpansen sind es 12 Jahre, für uns 18 Jahre).

Diese Arbeit wurde im renommierten Fachjournal „Nature“ veröffentlicht.

Kontakt:

Fernando Ramirez-Rozzi
Laboratoire Dynamique de l’Evolution Humaine, UPR 2147 du CNRS44
rue de l’Amiral Mouchez, 75014 Paris, Frankreich
Email: ramrozzi@ivry.cnrs.fr
Tel. +33 1 45 34 75 29
Fax: +33 1 01 43 13 56 30

Media Contact

Jean-Michel Nataf Wissenschaft-Frankreich

Weitere Informationen:

http://www.ivry.cnrs.fr/deh/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues topologisches Metamaterial

… verstärkt Schallwellen exponentiell. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am niederländischen Forschungsinstitut AMOLF haben in einer internationalen Kollaboration ein neuartiges Metamaterial entwickelt, durch das sich Schallwellen auf völlig neue Art und Weise…

Astronomen entdecken starke Magnetfelder

… am Rand des zentralen schwarzen Lochs der Milchstraße. Ein neues Bild des Event Horizon Telescope (EHT) hat starke und geordnete Magnetfelder aufgespürt, die vom Rand des supermassereichen schwarzen Lochs…

Faktor für die Gehirnexpansion beim Menschen

Was unterscheidet uns Menschen von anderen Lebewesen? Der Schlüssel liegt im Neokortex, der äußeren Schicht des Gehirns. Diese Gehirnregion ermöglicht uns abstraktes Denken, Kunst und komplexe Sprache. Ein internationales Forschungsteam…

Partner & Förderer