Axiogenesis und FIT entwickeln Testinstrument auf Stammzellenbasis zum Ersatz von Tierversuchen

Aggregate aus Herzmuskelzellen. Sie können rhythmisch kontrahieren. Mit Bildanalyse und elektrische Ableitungen werden die Kontraktionen vermessen. Nach Zugabe von Testsubstanzen können feinste Abweichungen in Intensität und Rhythmus gemessen werden

Aus Mäusestammzellen lassen sich Aggregate von kontrahierenden Herzmuskelzellen herstellen, die den empfindlichen Nachweis von herz-toxischen Medikamentenwirkungen erlauben. Zum schnellen und kostengünstigen Einsatz dieses Verfahrens in der Pharmaindustrie entwickeln Axiogenesis und Fraunhofer FIT gemeinsam eine hochintegrierte Instrumentenplattform. Das neue Verfahren kann bisher noch erforderliche Tierversuche in diesem Bereich komplett ersetzen.

In Zukunft kann man aus Stammzellen noch viele weitere standardisierte sich normal verhaltende Organsysteme herstellen, deren Beobachtung wichtige Informationen für Erforschung und Entwicklung neuer Medikamente liefert. Die Axiogenesis AG konnte bereits ein System entwickeln, das sehr empfindlich die herz-spezifische Wirkung und Nebenwirkung von Medikamenten, aber auch von Umwelt-Giften, widerspiegelt. Das nächste Ziel ist jetzt die Entwicklung eines industriell nutzbaren Set Up’s zur standardisierten Durchführung von Testreihen im größeren Maßstab.

Dazu wird unter anderem ein Chip entwickelt, der mehrere Zellaggregate gleichzeitig analysieren kann, um die Effekte unterschiedlicher Substanzen oder Konzentrationen bestimmen zu können. Über eine Kamera wird jede Position des Chips mit hoher Auflösung überwacht. Eine von FIT entwickelte komplexe Bildanalysesoftware errechnet daraus genaue Information über das Schlagverhalten – und erstmalig auch Daten über die Schlagkraft – und macht feinste morphologische und funktionelle Abweichungen sichtbar.

Dr. Heribert Bohlen, Vorstandsvorsitzender der Axiogenesis AG, sieht ein breites Interesse für eine solche Plattform. „Selbst mit einer einfachen Videokamera kann die Software sehr präzise Aussagen liefern. Das macht uns zuversichtlich, dass ein integriertes System ein erhebliches Marktpotential besitzt.“

„Moderne Biotechnologie wird immer mehr von Informationstechnik durchdrungen“, so Prof. Dr. Thomas Berlage vom Fraunhofer-Institut FIT. „Wir wollen beweisen, dass man mit modernen Softwarekonzepten ein mächtiges System realisieren kann, das leicht integrierbar und einfach zu bedienen ist.“

Die Axiogenesis AG aus Köln ist eine innovative Biotech-Firma im Bereich der angewandten Stammzellentechnologie. Mit Hilfe von grundlagen-orientierten Methoden der Zell- und Molekularbiologie sowie der funktionalen Analytik entwickelt Axiogenesis neue Techniken zur Diagnose und Therapie relevanter Krankheiten, sowie zur Darstellung von gewünschten und unerwünschten Wirkungen von Substanzen auf normales Organ-Gewebe. Die grundlegende Weiterentwicklung ist der Einsatz von Stammzellen der Maus, um hieraus nahezu jedes Organ-Gewebe in immer gleicher Qualität nahezu unbegrenzt herstellen zu können.

Die Basis der täglichen Arbeit bildet der R.E.Tox® Test. Der R.E.Tox® verwendet transgene Mausstammzell-Linien zum Nachweis der Wirkung von neuen Substanzen (Toxizität, Teratogenität) auf die Embryonalentwicklung und die reguläre Differenzierung in funktionale Gewebe. Ein modifizierter Test – der sogenannte MelCor-Test® – wird ebenfalls zur Suche nach herz-spezifischen Signalmolekülen (’small molecules’) als neue Wirkstoffkandidaten benutzt.

Die weitere Entwicklung zum Hochdurchsatz (R.E.Tox-HT) ermöglicht das kostengünstige Testen neuer Substanzen in wichtigen Gewebetypen (Herz, Nerven, Gefäße, Knorpel). Damit können die Testsysteme (zum Beispiel R.E.ToX®, MeLCor®, etc.) die Notwendigkeit von Tierversuchen in der Toxikologie, Umwelt-Toxikologie, Embryotoxikologie und in der Medikamenten-Entwicklung massiv reduzieren.

Dr. Heribert Bohlen, Vorstandsvorsitzender der Axiogenesis AG: „Ein ganz bedeutender Aspekt ist, dass der R.E.Tox® Test auch die schweren Embryo-Nebenwirkungen von Thalidomid, auch unter dem Namen Contergan bekannt, anzeigt. Hier hat in den frühen 1960er Jahren der Tierversuch versagt.“

Fraunhofer FIT:
Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik ist eines von 58 Instituten der Fraunhofer Gesellschaft. FIT erforscht und entwickelt nutzerorientierte Informations- und Kooperationssysteme. Ziel ist die Optimierung der Nutzungs- und Anwendungstauglichkeit. Im Bereich der Life Sciences liegt ein Schwerpunkt auf Systemen zur Unterstützung der modernen Medikamentenentwicklung. Das Institut hat neue Ansätze zur Verwaltung und Auswertung komplexer bildbasierter Experimente entwickelt, die sich flexibler integrieren und an den Bedarf der Nutzer anpassen lassen. FIT unterhält Kooperationen mit vielen Unternehmen im Bereich der Biotechnologie.

FIT präsentiert seine Systeme vom 11.-15. Mai 2004 auf der Analytica in München. Halle 4, Stand 291.

Kontakt:
pr@fit.fraunhofer.de

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Alex Deeg idw

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