Lachgas im Teufelskreis

Italienische Forscher entdecken weiteren Bildungsmechanismus für atmosphärisches N2O

Sommersmog, Ozonloch, Treibhauseffekt – das komplexe Geflecht chemischer Reaktionen in der Atmosphäre, das zu den vielfältigen Umweltproblemen führt, wird noch nicht vollständig durchschaut. Auf verzwickte Weise steht eine chemische Verbindung immer wieder im Zentrum des Geschehens: Lachgas (N2O). Eine italienische Chemikergruppe um Giulia de Petris von der Universität La Sapienza in Rom hat nun einen wichtigen Mechanismus entdeckt, wie Lachgas in der Atmosphäre entsteht.

Lachgas – das hört sich eigentlich nach einem netten, ganz harmlosen Stoff an. Für Menschen ist das leicht süßlich riechende Gas bei sachgemäßer Handhabung auch völlig ungefährlich. Es wird als Inhalationsnarkotikum sowie zum Aufschäumen von Schlagsahne eingesetzt. Leider wird es auch als Partydroge missbraucht, denn beim Einatmen kann es krampfhafte Lachlust – daher der Name – und Rauschzustände hervorrufen.

In unserer Atmosphäre zeigt sich Distickstoffmonoxid, so der „chemische“ Name für N2O, von seiner unfreundlichen Seite: Es wirkt als Treibhausgas, und es ist die Hauptquelle für die Stickoxide (NOx) der hohen Atmosphärenschichten, der Stratosphäre. Stickoxide tragen ebenfalls zum Treibhauseffekt bei. Bei der Reaktion von Lachgas zu Stickoxiden wird außerdem die Ozonschicht abgebaut. Und auch die Stickoxide tragen ihrerseits zur Vergrößerung des Ozonlochs bei. Wie aber kommt Lachgas in die Atmosphäre? Der Hauptweg sind mikrobielle Abbauprozesse stickstoffhaltiger Verbindungen im Boden, insbesondere bei starker Düngung mit stickstoffhaltigen Düngemitteln. Außerdem ist es Nebenprodukt bei Verbrennungsprozessen.

De Petris und Mitstreiter haben daneben einen weiteren wichtigen, völlig anderen Entstehungsmechanismus entdeckt. Sie erzeugten elektrisch geladene Ozonmoleküle und mischten sie mit Stickstoff. Dabei bildet sich zunächst ein Addukt aus beiden Verbindungen, das dann zu N2O und Sauerstoff zerfällt.

In der Atmosphäre entstehen solche geladenen Ozonteilchen, wenn ozonangereicherte Luft elektrisch aufgeladen wird. Ausreichend hohe Spannungen treten etwa in der Nähe von Überlandleitungen oder bei Gewitter auf. Und so schließt sich der Kreis: Stickoxide aus Abgasen bilden bei
Sommersmog-Bedingungen Ozon. Dieses bodennahe Ozon ist mit verantwortlich für die Entstehung von Lachgas, das dann unter Abbau der Ozonschicht in der Stratosphäre wiederum Stickoxide bildet.

Kontakt:

Prof. Dr.G. de Petris
Dipartimento di Studi di Chimica e Tecnologia
delle Sostanze Biologicamente Attive
Università di Roma
„La Sapienza“
P. Ie Aldo Moro, 5
I-00185 Roma
Italien

Fax: (+39) 6-4991-3602

E-Mail: giulia.depetris@uniroma1.it

Quelle: Angewandte Chemie 2001, 113 (10), 1992 – 1995
Hrsg.: Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh)

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Dr. Kurt Begitt idw

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