Brutstätte des Lebens – Heisse Quellen am Meeresboden

Aktive Quellen an den Karbonatstrukturen von Lost City

Seit der Entdeckung heisser Quellen am Meeresgrund Anfang der siebziger Jahre bemühen sich Forschende der Geowissenschaft und der Biologie die Wechselwirkung zwischen Prozessen im Meeresuntergrund und Organismen die bei solchen heissen Quellen leben, besser zu verstehen.

Nun hat ein internationales Forscherteam mit ETH-Beteilung gezeigt, dass „Lost City“ – eine neu entdeckte Art von Kalkformationen und Warmwasserquellen im Atlantik – bereits seit mindestens 30’000 Jahren existiert und durch chemische Reaktionen angetrieben wird. Die Resultate, die in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Science“ publiziert werden, werfen ein neues Licht auf die Entstehung des Lebens auf der Erde.

Aktive Quellen an den Karbonatstrukturen von Lost City

Vor zwei Jahren fanden Forschende zufällig mitten im Atlantik eine „verlorene Stadt“. Die als Lost City bezeichnete Struktur mit einer Ansammlung grandioser Türme und Spitzen aus schneeweissem Kalkstein unterscheidet sich stark von den bisher bekannten „Black Smokers“, den typischen hydrothermalen Unterwasserquellen in der Nähe der untermeerischen Vulkane. Die bis 60 Meter hohen, bizarren Gebilde sind die grössten hydrothermalen Schlot-Strukturen, die man bis jetzt auf dem Meeresgrund entdeckt hat. Neueste Untersuchungen einer Forschungsgruppe der ETH Zürich, University of Washington und der Duke University, North Carolina, haben nun ergeben, dass die hydrothermale Aktivität in Lost City durch chemische Prozesse angetrieben wird und seit mindestens 30’000 Jahren abläuft. Es ist anzunehmen, dass dieser Prozesse auch noch mehrere Hunderttausend bis Millionen von Jahren weiter ablaufen. Für die Forschenden ergeben sich daraus wichtige Schlussfolgerungen für die Erforschung des Ursprungs des Lebens auf der Erde: Die Chancen sind gut, dass solche Systeme Brutstätten des ersten Lebens auf der Erde waren.

Kein Vulkanismus im Spiel

Während Black Smokers in der Regel direkt auf der Achse des Mittelozeanischen Rücken liegen, befindet sich Lost City 15 Kilometer entfernt. Die Energie, welche die Wasserzirkulation von Lost City antreibt, kann damit nicht wie bei den Black Smokers aus vulkanischer Wärme stammen. Die Forschenden fanden heraus, dass diese vielmehr bei einer chemischen Reaktion zwischen Meerwasser und Peridotit, einem Gestein aus dem Erdmantel, entsteht. Bei dieser Reaktion wird das Mineral Olivin in Serpentin umgewandelt, wobei Wärme, Methan und Wasserstoff freigesetzt werden.

In Lost City treten aus dem Meeresboden 40 bis 80 Grad heisse Fluide aus. Zusammen mit dem Wasserstoff-und Methanreichtum führt dies zu regem mikrobiellen Leben. Die Umgebung bietet damit für Lebewesen wesentlich komfortablere Bedingungen als jene bei den 350°C heissen Black Smokers.

Das System kann sich durch die natürlichen Vorgänge in der Erdkruste über Jahrmillionen hinweg selbst erhalten und so den Entwicklungsprozess der Lebewesen sichern. Die Erosion und die Bewegung der Erdplatten in der Nähe von Lost City führen zum Zerbrechen der Mantelgesteine. Dadurch dringt kontinuierlich Meerwasser in das frische Gestein ein und führt zu den genannten chemischen Prozessen. Die Serpentinisierung führt ausserdem zu einer Volumenzunahme von 20 bis 40% und unterstützt damit den Kreislauf der chemischen Veränderung dauerhaft.

Brutstätte des Lebens

Viele Forscher nehmen an, dass die Umwandlung von Olivin in Serpentin auf der frühen Erde häufig vorkam. Dies legt den Schluss nahe, dass es unzählige warme, nährstoffreiche Brutstätten wie Lost City auf der gesamten Erdkugel gab. Damit erweitert sich auch die Anzahl der Nischen, in welchen das Leben am Meeresboden hätte entstehen können.
Die Erkenntnis, dass hydrothermale Aktivität ohne Magmatismus lange Zeit dauern kann, ist somit ein wichtiger Fund, welcher die Wissenschaft näher an die Beantwortung der Frage nach dem Ursprung des Lebens bringt.

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