Forscher wollen die Biologie gefährdeter Schmetterlinge klären

Das Leben eines Ameisenbläulings: Von der Eiablage (links) zum Raupendasein auf der Pflanze und am Boden bis hin zum Transport in die Ameisenkolonie. Dort schlüpft dann der Falter <br>Grafik: Ökologische Station

Alle fünf europäischen Arten aus der Schmetterlingsgattung der Ameisenbläulinge gelten als selten und gefährdet. Darum wird die Biologie dieser Insekten im Rahmen eines Großprojekts mit Beteiligten aus sechs Ländern Europas untersucht.

Von der Uni Würzburg ist die Ökologische Station des Biozentrums beteiligt. Für das von Prof. Dr. Hans Joachim Poethke geleitete Projekt erhält sie 245.000 Euro Fördermittel von der Europäischen Union.

„Es ist gar nicht überraschend, dass die Ameisenbläulinge als gefährdet gelten“, sagt Projektmitarbeiter Dr. Thomas Hovestadt. Der Grund: Für ihr Wohlergehen sind diese Schmetterlinge auf die ausreichende Präsenz anderer Tierarten angewiesen. Warum das so ist, zeigt ein Blick auf den erstaunlich komplizierten Lebenszyklus der Ameisenbläulinge.

Die Weibchen legen ihre Eier auf ganz bestimmten Wirtspflanzen ab, zum Beispiel auf Enzian, auf denen die jungen Raupen ihre erste Nahrung aufnehmen. Nachdem sie etwas herangewachsen sind, lassen sie sich jedoch von ihrer Wirtspflanze auf den Boden fallen und hoffen darauf, dass sie dort von einer Ameise aus der Gattung Myrmica gefunden werden.

Kommen solche Ameisen vorbei, dann gelingt es den Raupen, sich ihnen gegenüber als „verlorene Ameisenbrut“ auszuweisen. Dank dieser Täuschung werden sie von den Ameisen aufgenommen und in deren Kolonie getragen. Je nach Schmetterlingsart werden die Raupen dort entweder von den Ameisen gefüttert – und zwar sogar besser als deren eigener Nachwuchs – oder aber sie betätigen sich als Räuber und fressen die Brut ihrer Gastgeber.

Geht alles gut, schlüpfen im kommenden Sommer die Schmetterlinge der nächsten Generation. Das passiert allerdings nur dann, wenn die Raupen jeweils von ihrer „richtigen“ Ameisenart adoptiert wurden. Oft werden sie nämlich auch von den Arbeiterinnen anderer Arten eingesammelt, in deren Nest letztlich jedoch vernachlässigt. In jedem Fall aber fügen die Schmetterlingsraupen ihrer Wirtskolonie erheblichen Schaden zu und zerstören sie unter Umständen sogar.

Das Forschungsprojekt soll viele Detailfragen klären. Zum Beispiel geht es um die Evolution dieser sonderbaren Beziehung oder um die Mechanismen, die es den Schmetterlingen erlauben, sich bei den Ameisen einzuschleichen. Ein vorrangiges Ziel ist es laut Dr. Hovestadt aber, aus den neuen Erkenntnissen Empfehlungen abzuleiten, die einen effizienten Schutz der Ameisenbläulinge und ihrer Wirtsarten ermöglichen.

Die Wissenschaftler von der Ökologischen Station werden die im Projekt gesammelten Informationen in Simulationsmodellen zusammenfassen, mit denen sich Prognosen über das weitere Schicksal bestimmter Schmetterlingspopulationen erzeugen lassen. Das erlaubt es ihnen dann, beispielsweise die Wirksamkeit verschiedener Management-Strategien gegeneinander abzuwägen. Hiervon leitet sich auch der Name des Projekts ab: „MacMan“ steht für Maculinea-Management; Maculinea ist der wissenschaftliche Gattungsname der Ameisenbläulinge.

Insgesamt arbeiten an MacMan acht Partner mit. Aus Deutschland ist dies neben der Uni Würzburg das Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle. Außerdem sind Forschungsgruppen aus Dänemark, England, Frankreich, Polen und Ungarn beteiligt.

Weitere Informationen:

Dr. Thomas Hovestadt
Telefon 09554 – 92230, Fax 09554 -367
E-Mail: hovestadt@biozentrum.uni-wuerzburg.de

Media Contact

Robert Emmerich idw

Weitere Informationen:

http://www.macman-project.de/

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