Neue Wasserkäferfamilie entdeckt

Mikroskopische Aufnahme der Käferlarve (Kopf mit säbelartigen Kiefern) der neuen Käferfamilie <br>Foto: FSU Jena/Beutel

Zoologe der Uni Jena beschreibt neue Käferfamilie: Wasserkäfer, der nicht schwimmt

Schildförmiger Körper, ein Zentimeter groß, Flügelfarbe schwarz, Bauch und Beine braunorange – so sieht die neu entdeckte Wasserkäferfamilie aus. Aspidytidae, zu deutsch: Schildschwimmer wurde sie getauft. „Dabei sind ihre Vertreter er eigentlich Nichtschwimmer“, berichtet Mitentdecker PD Dr. Rolf Beutel von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Käferforscher hat mit drei Kollegen erstmals die neue Käferfamilie beschrieben. Das heißt, sie haben die Zugehörigkeit der Käfer zu biologischen Gruppen bestimmt und äußere Merkmale und Lebensraum charakterisiert. Die Ergebnisse des internationalen Forscher-Quartetts erscheinen diesen Monat in den „Proceedings of the Royal Society of London“ (Serie B), einem renommierten wissenschaftlichen Journal. Damit ist die neue Familie auch in die Literatur eingeführt.

„Neue Insektenarten werden täglich entdeckt. Eine Familie ist aber eine hochrangige systematische Übergruppe“, erklärt der Jenaer Experte die Bedeutung des Fundes. (Zum Vergleich: zur Familie der echten Katzen gehören neben den „Stubentigern“ auch die Löwen, Geparde, Leoparde, Pumas usw.) Zur neuen Wasserkäferfamilie gehören bisher nur zwei Arten, eine chinesische und eine südafrikanische.

Der chinesische Aspidytes wrasei wurde durch einen Amateursammler namens Wrase entdeckt, dem die sensationelle Bedeutung seines Fundes vor vier Jahren nicht bewusst war. Erst dem Forschungsteam, dem Dr. Beutel angehört, gelang an der glitschigen bemoosten südafrikanischen Steilküste der Fund der zweiten Art. Genetische Untersuchungen und genaueste Studien des Körperbaus ergaben, dass ähnliche Käfer schon in der Kreidezeit existiert haben. Die Urahnen der neuen Familie lebten und schwammen im frühen Erdmittelalter noch im Wasser. Daher der typisch „stromlinienförmige“ Bau. Vor etwa 50 Millionen Jahren siedelten die „Schildschwimmer“ um, auf steile, feuchte Felswände am Meer und moosbewachsene Steine.

„So mancher Forscher riskiert sein Leben, um an diesen extremen Standorten nach den unscheinbaren Tierchen zu suchen“, sagt Beutel. Aber gerade in schwer zugänglichen Lebensräumen halte die Natur noch Überraschungen bereit, berichtet er weiter. Der Jenaer Zoologe freut sich besonders, dass ihm vor drei Wochen erstmalig die Larven seines Forschungsobjektes unters Mikroskop kamen. „Somit ist die Uni Jena als Erste im Besitz rasterelektronischer Aufnahmen der gefräßigen Jungtiere, deren sichelartige Kiefer auf eine räuberische Lebensweise schließen lassen. Reste von Asseln und Insekten hatten wir im Darm der erwachsenen Tiere gefunden“, berichtet der Forscher stolz.

Wie und wann die Käfer sich paaren, wo sie ihre Eier ablegen und wie das Puppenstadium aussieht, aus dem dann der Käfer schlüpft, all diese Fragen gilt es noch zu beantworten. Da wird sich noch so mancher an steilen Felsklippen entlang hangeln und sehr genau hinschauen müssen. Denn die Schild-„Nicht“-Schwimmer verharren tagsüber wie versteinert auf feuchten dunklen Steinen. Deshalb haben Beutel und seine Kollegen dem südafrikanischen Aspidytes auch die Artbezeichnung „Niobe“ angehängt. Nach einer griechischen Sagengestalt, die auf Grund ihres Fehlverhaltens versteinert wurde.

Kontakt:

PD Dr. Rolf Beutel
Institut für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie mit
Phyletischem Museum der Uni Jena
Erbertstr.1, 07743 Jena
Tel.: 03641-949153
Fax: 03641-949142
E-Mail: rolf.beutel@uni-jena.de

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Monika Paschwitz idw

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