Raffinierte Abwehrstrategie: Mit süßen Säften rufen Bäume um Hilfe


Wenn bestimmte tropische Bäume von Tieren angefressen werden, dann produzieren sie auf ihren Blättern verstärkt Nektar. Dieser süße Saft lockt Insekten an, die den Bäumen zu Hilfe eilen und sie schnell und effektiv gegen die Feinde verteidigen. Forscher aus Würzburg und Jena haben Details dieser raffinierten Abwehrstrategie enthüllt.

Viele Pflanzen produzieren auf ihren Blättern so genannten Blattnektar. Von dieser zuckerhaltigen Flüssigkeit können sich Ameisen, Wespen und andere räuberische Insekten ernähren, die mit den Pflanzen eine enge Lebensgemeinschaft (Symbiose) eingegangen sind: Als Gegenleistung für das süße Futter verteidigen sie ihre Partnerpflanzen gegen Fraßschädlinge.

Bei Untersuchungen an malaysischen Bäumen (Macaranga tanarius), die sich mit Ameisen zusammengetan haben, entdeckten Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenökologie der Universität Würzburg und vom Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena einen Signalweg, über den die Produktion des Blattnektars geregelt wird. Die Würzburger Biologen Andrea Hilpert und Martin Heil fanden heraus, dass die Bäume ihre Blattnektar-Produktion um das vier- bis sechsfache steigern, wenn ihre Blätter angefressen oder sonstwie mechanisch verletzt wurden.

Dieser Effekt wird über das Pflanzenhormon Jasmonsäure vermittelt: Wie die Würzburger Wissenschaftler zusammen mit Thomas Koch in Jena zeigten, produzieren die Pflanzen als Reaktion auf eine Schädigung vermehrt Jasmonsäure. Je stärker die Verletzung, desto mehr Jasmonsäure war 30 Minuten später in den beschädigten Blättern zu finden. Die größeren Mengen an Jasmonsäure führten auch zu einer Erhöhung der Nektarabsonderung.

Andrea Hilpert und Martin Heil behandelten mehrere Macaranga-Bäume im Freiland mit Jasmonsäure. Das Ergebnis war beeindruckend: Bereits drei Stunden später hatte die Anzahl der Insekten an den Nektarquellen deutlich zugenommen. Viele davon, vor allem Ameisen und Fliegen, verteidigten ihre Futterstellen gegen andere Insekten. Dementsprechend zählten die Forscher deutlich weniger Schadinsekten auf den Bäumen.

Um die langfristige Wirkung dieses Effekts zu prüfen, behandelten die Würzburger Biologen über sechs Wochen hinweg alle vier Tage insgesamt 30 Pflanzen mit Jasmonsäure oder traktierten sie mit 100 Nadelstichen pro Blatt, um die Nektarproduktion ständig auf hohem Niveau zu halten. Ergebnis: In dieser Zeit erlitten unbehandelte Bäume zehn Mal größere Fraßschäden als die behandelten Exemplare.

Möglicherweise eröffnen diese Forschungsergebnisse neue Perspektiven für den biologischen Pflanzenschutz: Auch Nutzpflanzen wie Baumwolle, Feigenkaktus, Cashew-Nussbäume oder die bei uns heimischen Kirschbäume produzieren Blattnektar und werden so zumindest teilweise vor Fraßschäden geschützt. Martin Heil: „Es bleibt zu prüfen, ob die Anregung der Blattnektar-Produktion oder die Zucht von Sorten, die ständig viel Blattnektar produzieren, eine Möglichkeit darstellt, sich diese effiziente, natürlich entwickelte Form der Schädlingsbekämpfung auch im Pflanzenanbau zunutze zu machen.“

Martin Heil u.a.: „Extrafloral nectar production of the ant-associated plant, Macaranga tanarius, is an induced, indirect, defensive response elicited by jasmonic acid“, Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 30. Januar 2001, Vol. 98, No. 3, Seiten 1083-1088

Hinweis für Redaktionen/Journalisten:
Die Originalarbeit können Sie als pdf-File in der Pressestelle der Universität Würzburg (Telefon 0931/31-2401) anfordern. Weitere Informationen erhalten Sie direkt bei Dr. Martin Heil, T (0931) 888-4378, Fax (0931) 888-4352, E-Mail: martin_heil@hotmail.com

Dr. Heil ist in Würzburg nur noch bis Freitag, 9. März, zu erreichen. Danach können Sie ihn bis auf weiteres unter der genannten E-Mail-Adresse kontaktieren.

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Robert Emmerich idw

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