506.880 Euro für eine Ameise


Volkswagen-Stiftung fördert Forschung zur Kognitionsleistung von Insekten

Wie komplex denkt eigentlich eine Ameise? Mit einem Gehirn von nur 0,1 mg Gewicht sind die Aufgaben, die das kleine Insekt bei der Orientierung im Raum lösen muss, erstaunlich umfangreich.

Die Volkswagen-Stiftung fördert in einem neurowissenschaftlichen Schwerpunkt „Dynamik und Adaptivität neuronaler Systeme – Integrative Ansätze zur Analyse kognitiver Prozesse“ sieben Projekte der Kognitionsforschung mit deutscher Beteiligung. Fast 3,5 Millionen Euro gibt die Stiftung dafür aus.

Mit insgesamt 506.800 Euro unterstützt sie das Forschungsvorhaben der „3-D spatial orientation of a small-brain navigator“, das am Institut für Biologie der Humboldt-Universität zu Berlin angesiedelt ist. Im Focus der deutsch-schweizerischen Forschungskooperation steht die Wüstenameise Cataglyphis. Die Arbeiterinnen der Wüstenameise entfernen sich bei der Nahrungssuche bis zu 200 m auf gewundenen Wegen von ihren unterirdischen Nestern. Finden sie Beute, so kehren sie dagegen geradlinig auf dem kürzesten Weg zu ihrem Nest zurück. Die Wüstenameisen nutzen eine Art der Orientierung, die als Wegintegration bekannt ist. Die Tiere messen während ihrer Läufe beständig die eingeschlagene Richtung und die zurückgelegte Distanz. Diese Informationen werden stets zu einem Rücklaufvektor verrechnet, der sie wie ein straff gespannter Faden mit dem Nest verbindet. Als Richtungsgeber dient das für den Menschen nicht sichtbare Polarisationsmuster des Himmels. Wie die Tiere allerdings die zurückgelegte Distanz messen, ist noch weitgehend unklar.
Um genauer zu erforschen, wie sich die Ameisen in ihrer Umgebung zurechtfinden, kombinieren die Wissenschaftler der Universitäten in Berlin, Jena, Zürich und Ulm neuro- und verhaltensphysiologische Ansätze mit theoretischen Modellen. Ganz allgemein soll ergründet werden, wie verschiedene Formen räumlicher Orientierung zusammenwirken und so „intelligentes“ Verhalten bewirken. Konkret interessiert die Forscher, ob die Ameisen tatsächlich ein dreidimensionales Gedächtnis haben, oder ob ihr Gehirn den Weg über Berge und Täler als Kette zweidimensionaler Strecken interpretiert. Die Frage ist auch, welche Sinnesorgane Wüstenameisen einsetzen, um sich zu orientieren und wie die aufgenommenen Informationen verarbeitet werden, um solche komplexen Leistungen zu ermöglichen. Cataglyphis als „Kleinsthirn-Navigator“ könnte ein Modellbeispiel für grundlegende Kognitionsleistungen abgeben – und damit vermutlich auch der Forschung über künstliche Intelligenz wichtige Impulse geben.

Nähere Informationen (ab Freitag, 26. Juli): Prof. Dr. Bernhard Ronacher,
Tel.: 030/ 2093 8806.

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