Täuschung bei Zuchtperlen kann aufgedeckt werden

Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz raten den Käufern von Zuchtperlen zu erhöhter Wachsamkeit. „Immer häufiger kommen auch bei uns chinesische Süßwasser-Zuchtperlen auf den Markt, die als japanische Ware angeboten werden, tatsächlich aber aus China stammen“, teilen Dr. Dorrit Jacob und Ursula Wehrmeister vom Institut für Geowissenschaften mit.

Selbst Gemmologen, also Experten für Edelstein- und Perlenkunde, können mit bloßem Auge nicht zwischen Perlen aus Japan und China unterscheiden. Allerdings kann für japanischen Perlenschmuck ein zehn Mal höherer Preis verlangt werden. Die beiden Wissenschaftlerinnen haben in zweijähriger Arbeit eine Methode entwickelt, mit der die Herkunft von Perlen zweifelsfrei festgestellt werden kann.

Einem Japaner ist es zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelungen, die ersten runden Zuchtperlen zu produzieren. In der Zucht werden runde Kügelchen, die meist aus dem Perlmutt der Muschelschale herausgeschnitten werden, in das Muscheltier implantiert. Wichtig ist, dass bei der Operation gleichzeitig ein kleines Stückchen von dem Gewebe mit hinzugegeben wird, das in der Lage ist, Perlmutt zu bilden. Das Muscheltier überzieht den eingebrachten Fremdkörper, den Kern, dann Schicht um Schicht mit Perlmutt. In zwei bis drei Jahren wächst so eine neue Perle heran. Zuchtperlen können überall dort produziert werden, wo sich Naturperlen bilden. Heute kommt der weit überwiegende Teil der Ware aus Perlenzucht, echte Perlen sind selten – und teuer.

In China liefert die Süßwasser-Perlenzucht inzwischen schnell und relativ einfach Ware für den Massenmarkt. „Die Pflege der Muscheln ist wenig intensiv, sie wachsen sehr schnell und können mit Kern oder auch nur mit kleinen Gewebeteilchen gezüchtet werden“, erklärt Ursula Wehrmeister. Die Gemmologin merkt an, dass die chinesischen Züchter bis zu 60 Kerne in eine Muschel einpflanzen: eine Biomassenproduktion.

Dabei treibt die chinesische Perlenzucht auch seltsame Blüten: große Scheiben oder Halbkugeln werden implantiert, um maßgeschneiderte Perlen für Ringe und Ohrringe zu liefern, sogar Micky Maus muss als Vorlage herhalten. „Traditionelle japanische Süßwasser-Züchter dagegen pflanzen nur einen oder zwei Kerne ein, erhalten für ihre mühevolle Arbeit aber auch eine sehr schöne Qualität“, so Wehrmeister.

Hohe Produktionsmengen und vermutlich auch die Art der Muschelhaltung führen in China dazu, dass der überwiegende Anteil der Produktion Ausschuss und damit unbrauchbar ist. „Wir vermuten, dass die Tiere einem enormen Stress unterliegen“, so Wehrmeister zur möglichen Ursache der ungenügenden Qualität. Es entstehen keine runden Perlen, sondern unförmige Gebilde, die die Schmuckbranche nicht verarbeiten kann. Aber auch ein anderes Problem breitet sich aus: Vaterit. Perlmutt und damit auch Perlen sind Biominerale, die aus Kalziumkarbonat und einem kleinen Anteil organischer Substanz bestehen, so ähnlich wie eine Backsteinwand aus Steinen und Mörtel.

Bei schön schimmernden Perlen besteht der anorganische Kalziumkarbonat-Anteil vorwiegend aus Aragonit. Chinesische Perlen, so haben die Mainzer Wissenschaftlerinnen herausgefunden, weisen vermehrt Vaterit auf, nicht nur im Innern der Perlen, sondern auch außen, wo er eine matte, weißfleckige Oberfläche bildet – unbrauchbar für den Handel.

Qualitativ hochwertige chinesische Perlen jedoch sind selbst für den Experten mit bloßem Auge von japanischen nicht zu unterscheiden. „Mit einer Spurenelementanalyse können wir jedoch zweifelsfrei feststellen, woher die Perlen kommen“, erläutert die Geochemikerin Dorrit Jacob. Ein UV-Laser schließt aus dem Untersuchungsmaterial eine fast unsichtbare kleine Probe in der Größe von 5 bis 100 Mikrometern heraus – ein menschliches Haar hat im Vergleich dazu einen Durchmesser von etwa 40 Mikrometern. Die Miniprobe wird mithilfe von Edelgas in das Analysegerät gespült, das den Gehalt von Spurenelementen, insbesondere Barium und Strontium bestimmt.

Das Verhältnis von Barium zu Strontium im Vergleich zum Gesamtstrontiumgehalt zeigt die Herkunft des Materials an. „Wir haben diese quasi zerstörungsfreie Methode seit 2006 entwickelt, um die japanischen von chinesischen Perlen zu unterscheiden“, so Jacob. „Wir können mit dieser Methode, der Laser Ablations ICP-Massenspektrometrie, aber auch untersuchen, ob Perlen Vaterit enthalten oder ob bestimmte Saphire nachträglich behandelt sind.“ Auf dem Markt finden sich vor allem orange- und blaufarbige Saphire in einer Menge, die natürlicherweise überhaupt nicht vorkommen kann. Hier wurden schwach farbige Saphire, eigentlich unverkäufliches Material, mit Beryllium schöngefärbt.

Als nächstes wollen die beiden Wissenschaftlerinnen Korallen genauer untersuchen und auch hier die Grundlagen dafür schaffen, mehr über Aufbau und Herkunft der Meeresbewohner und der daraus hergestellten Schmuckstücke zu erfahren.

Kontakt und Informationen:
PD Dr. habil. Dorrit E. Jacob
Institut für Geowissenschaften
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Tel. +49 6131 39-23170
Fax +49 6131 39-23070
E-Mail: jacobd@uni-mainz.de

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