Spielen erhöht Erkrankungsrisiko junger Schimpansen

Jungen Schimpansen können soziale Interaktionen und Spielen offenbar leicht zum Verhängnis werden. Denn durch den engen Kontakt zu anderen Tiere verbreiten sich eingeschleppte Atemwegserkrankungen schneller und führen dazu, dass alle drei Jahre ein Höhepunkt bei der Kindersterblichkeit erreicht wird.

Das berichten Wissenschaftler des Max-Planck-Institutes für Evolutionsanthropologie im Wissenschaftsmagazin PloS One. Das Team hatte Daten über Krankheit und Sterblichkeit von Schimpansen im Tai National Park der Elfenbeinküste ausgewertet. „Bei diesen Zyklen ist besonders faszinierend, dass sie selbst-organisiert scheinen“, erklärt Hjalmar Kühl, Erstautor der Studie.

„Das heißt sie werden nicht von äußerlichen Umweltzyklen beeinflusst, sondern entstehen aufgrund der Demographie und des Sozialverhalten bei den Schimpansen.“ So seien die Affen in einen steten Kreislauf von Reproduktion und Erkrankung geraten.

Wenn die Affen ihre Nachkommen verlieren, vermehren sich die Weibchen innerhalb kurzer Zeit wieder. Die Leipziger Wissenschaftler vermuten, dass ein vergangener Krankheitsausbruch einen Großteil der Jungtiere getötet haben muss, sodass viele erwachsene Schimpansen sich zur gleichen Zeit fortgepflanzt haben und eine Gruppe gleichaltriger Nachkommen entstand.

Der dreijährige Zyklus resultiere aus der Entwicklung der Verspieltheit bei den Affenkindern. Während Neugeborene nicht sehr bindungsfreudig sind und die meiste Zeit bei ihrer Mutter verbringen, werden die Heranwachsenden ausgelassener. Der Höhepunkt seit mit rund zwei Jahren erreicht. Dann haben die Jungtiere im Vergleich mit anderen Gruppenmitgliedern den meisten körperlichen Kontakt. Dabei werden auch andere Tiere mit einbezogen, was eine ideale Bedingung für die Ausbreitung von Krankheiten sei.

Zwar würden die Atemwegserkrankungen, deren Auslöser stark menschlichen Atemwegsviren ähneln, die jungen Schimpansen nicht zwangsläufig töten, sie würden dadurch aber noch anfälliger für andere Krankheiten. „Die Tiere sind körperlich häufig sehr geschwächt, haben starken Husten und können im Endstadium der Krankheit häufig nicht mehr auf Bäume klettern“, berichtet Forscherin Yasmin Möbius im Gespräch mit pressetext. Dadurch entsteht wiederum eine Generation kinderloser Weibchen und der Kreislauf beginnt von Neuem.

Auch für den Schutz der Schimpansen würden sich daraus Konsequenzen ergeben, meinen die Forscher. „Diese vom Menschen übertragenen Atemwegserkrankungen bilden schon eine gewisse Gefahr für die Tiere, die von Ökotouristen und Forschern beobachtet werden“, sagt Möbius. Zudem habe man auch in anderen Schimpansengruppe ähnliche Zusammenhänge zwischen sozialer Aktivität und Sterblichkeitsrate feststellen können. Zwar ist der Affen- und Ökotourismus eine wertvolle Einnahmequelle für Regierungen und Gemeinden. Dringt der Mensch aber zu tief in das Habitat der Affen ein, sei eine Übertragungsgefahr für Krankheiten durchaus gegeben. „Schimpansengruppen, die viele kleine Kinder haben, sollten daher überhaupt nicht in Kontakt mit Touristen kommen“, fügt Möbius an. Zudem sollten stärkere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Die deutschen Primatologen verwenden deshalb selbst immer Gesichtsmasken, wenn sie sich den Affen nähern. „Ist der Kreislauf allerdings einmal eingetreten, ist seine Unterbrechung eine schwierige Aufgabe. Ein mögliches Mittel stellen aber Impfstoffe dar, die über die Muttermilch weitergegeben werden können“, so Möbius abschließend.

Media Contact

Claudia Misch pressetext.deutschland

Weitere Informationen:

http://www.eva.mpg.de

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