Rostige Würmer im Hirn

Eisen ist für uns lebenswichtig, beispielsweise als Bestandteil von Hämoglobin, dem roten Blutfarbstoff, der unsere Zellen mit Sauerstoff versorgt. Eisen kann aber auch schwere Schäden verursachen: So sollen Eisenablagerungen im Hirn für bestimmte Formen der neurodegenerativen Erkrankungen Morbus Parkinson, Huntington und Alzheimer, mit verantwortlich sein.

Schuld könnte eine Fehlfunktion des Eisentransporters Transferrin sein. Ein Team um Peter J. Sadler von der University of Warwick (Coventry, Großbritannien) und Sandeep Verma vom Indian Institute of Technology (Kanpur, Indien) konnten jetzt zeigen, dass Transferrin zu wurmartigen Fasern zusammenklumpen kann. Wie sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, werden dabei rostähnliche Eisenpartikel freigesetzt.

Im Körper liegt Eisen in Form dreifach positiv geladener Eisenionen (Fe3+) vor und muss immer gut „verpackt“ sein, sonst kann es mit Proteinen reagieren und Schäden verursachen. Durchs Blutplasma transportiert wird Eisen in den „Taschen“ des Eisentransportproteins Transferrin. Ausgepackt wird erst in speziellen zellulären Organellen.

Dabei kann aber auch etwas schief gehen, wie Sadler und seine Kollegen nun belegen. Die Forscher schieden mit Eisen beladenes menschliches Transferrin auf verschiedenen Oberflächen unter Bedingungen ab, die die Gegebenheiten in lebenden Organismen nachahmen. Wie sich mithilfe von Mikroskopie und Elektronenmikroskopie zeigte, aggregieren die Proteine zu langen wurmartigen Fasern. Diese „Würmer“ tragen ein gleichmäßiges Streifenmuster. Die schmalen dunklen Streifen enthalten etwas Ähnliches wie Rost. „In den Fasern sind die Eisenionen nicht mehr richtig eingeschlossen,“ erklärt Sadler, „sondern aggregieren zu periodisch angeordneten Nanokristallen, deren Struktur dem oxidischen Eisenmineral Lepidocrocit (Rubinglimmer) sehr ähnlich zu sein scheint.“

Die Forscher vermuten, dass bei bestimmten Formen neurodegenerativer Erkrankungen auf ähnliche Weise Eisen-Ablagerungen im Gehirn entstehen könnten. Solche Eisenkriställchen sind hochreaktiv und können zur Bildung toxischer freier Radikale führen, die Nervenzellen angreifen und zerstören. Wenn sich diese Annahme auch in vivo verifizieren lässt, könnten Wirkstoffe, die die Aggregation von Transferrin verhindern, die Basis für neue Pharmaka darstellen.

Angewandte Chemie: Presseinfo 08/2008

Autor: Peter J. Sadler, University of Warwick, Coventry (UK), http://go.warwick.ac.uk/sadlergroup/

Angewandte Chemie 2008, 120, No. 12, 2249-2253, doi: 10.1002/ange.200705723

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69495 Weinheim, Germany

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Dr. Renate Hoer idw

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