Das Immunsystem hat ein gutes Gedächtnis

Dem erstaunlich guten Gedächtnis unseres Immunsystems ist es zu verdanken, dass wir manche Erkrankung kein zweites Mal erleiden müssen. Es sind die T-Zellen aus dem Thymus, die Eindringlinge erkennen und unschädlich machen.

Besonders „nachtragend“ sind die Gedächtnis-T-Zellen: Wer sie einmal attackiert hat, den vergessen sie nicht so schnell.

Viele Impfstrategien und Immunzell-Therapien gegen Viren wollen sich das nun zu Nutze machen, indem sie eine möglichst große Zahl von langlebigen Gedächtnis-T-Zellen produzieren. Diese sollen dann spezifisch gegen die Viren aktiv werden und schützende Immunantworten auslösen. Unklar war bisher, wie sich langlebige Gedächtnis-T-Zellen optimal gewinnen lassen. Nun konnten Wissenschaftler einen Herstellungsweg aufzeigen, der bisher nicht für möglich gehalten wurde.

Maßgeschneiderte Impfstoffe und Immunzell-Therapien zeichnen sich ab. Erstautor der Veröffentlichung im aktuellen Journal of Experimental Medicine (21. Januar 2008) ist Professor Dr. Max Löhning, der seit 2007 eine von der VolkswagenStiftung finanzierte Lichtenberg-Professur an der Charité – Universitätsmedizin Berlin innehat.

T-Zellen sind eine Gruppe der weißen Blutkörperchen, die im Knochenmark entstehen und dann zum Thymus wandern. Dort werden sie für ihre Aufgaben als Abwehrzellen speziell „geschult“. Neben den T-Helferzellen, die durch biochemische Signalstoffe andere Abwehrzellen aktivieren, gibt es Killerzellen, die die Eindringlinge direkt angreifen, oder auch regulatorische T-Zellen, die dafür sorgen, dass die Abwehr nicht über das Ziel hinausschießt. Bisher war man davon ausgegangen, dass die langlebigen Gedächtnis-T-Zellen nur aus denjenigen aktivierten T-Helfer-Zellen hervorgehen, die keine Signalstoffe – sogenannte Effektor-Zytokine – produziert und ausgeschüttet haben. Diese Theorie konnten die Wissenschaftler um Professor Max Löhning nun klar widerlegen.

Durch Aufreinigung und Zelltransfer von T-Zellen, die Effektor-Zytokine ausgeschüttet haben, zeigten die Forscher, dass diese Zellen ein sehr gutes Potential besitzen, sich zu langlebigen Gedächtnis-Zellen weiterzuentwickeln. In späteren Virusinfektionen reagierten diese Gedächtnis-Zellen stark und effizient. Sie beeinflussten die Immunantwort in unterschiedlicher Weise durch die Ausschüttung von ausgewählten Effektor-Zytokinen. Die Auswahl war davon abhängig, welche Effektor-Zytokine die Zellen bei ihrer ersten Aktivierung produziert und in ihrem „zellulären Gedächtnis“ gespeichert hatten.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich Zytokin-produzierende T-Zellen effizient zu langlebigen Gedächtnis-Zellen mit gewünschten funktionellen Eigenschaften weiterentwickeln lassen. Die Beobachtungen sind für Impfstrategien und Immunzell-Therapien bei Infektionen oder Tumorerkrankungen von großer Bedeutung, eröffnet sich hier doch die Möglichkeit, gezielt und maßgeschneidert langlebige Gedächtnis-T-Zellen mit wünschenswerten Funktionen zu erzeugen.

Hintergrund Lichtenberg-Professuren
Mit ihrer Förderinitiative „Lichtenberg-Professuren“ – benannt nach dem Mathematiker, Physiker und Philosophen Georg Christoph Lichtenberg (1742 bis 1799) – gibt die VolkswagenStiftung einen Anstoß für die Eröffnung alternativer Qualifizierungs- und Berufungswege an deutschen Hochschulen. Der Leitgedanke hinter dieser Initiative lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Ziel ist es, herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Verbindung mit innovativen Lehr- und Forschungsfeldern zu fördern und damit auch zu einer Profilbildung der besten unter den deutschen Hochschulen beizutragen – im Interesse des Wissenschaftsstandortes Deutschland. Mit den Lichtenberg-Professuren sollen also in einem Zug sowohl thematische als auch strukturelle und forschungspolitische Akzente gesetzt werden.
Veröffentlichung:
Löhning, M., Hegazy, A.N., Pinschewer, D.D., Busse, D., Lang, K.S. , Höfer, T., Radbruch, A., Zinkernagel, R.M., Hengartner, H.:
Long-lived virus-reactive memory T cells generated from purified cytokine-secreting T helper type 1 and type 2 effectors

Journal of Experimental Medicine, Vol 205, No 1, January 21, 2008, 53-61.

Weitere Auskünfte und Kontakt:
Charité Universitätsmedizin Berlin
Prof. Dr. Max Löhning
Experimentelle Immunologie
Deutsches Rheuma-Forschungszentrum
Telefon: 030 – 28460 760
E-Mail:loehning@drfz.de
Kontakt
VolkswagenStiftung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Christian Jung
Telefon: 0511 8381 – 380
E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de

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