Auf Safari im Erbgut – Gene liefern neue Einblicke in die Verbreitung von Giraffen

Drei junge, männliche Angola-Giraffen. © Julian Fennessy, GCF

Nun hat ein Team des LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiK-F) in Zusammenarbeit mit der Giraffe Conservation Foundation die räumliche Verbreitung der Tiere in Südafrika anhand ihres genetischen Profils genauer analysiert.

Dabei stellte sich überraschenderweise heraus, dass die Kap-Giraffe auch in Nordost-Namibia und Nord-Botswana und die Angola-Giraffe auch in Nordwest-Namibia und Süd-Botswana vorkommt. Die Ergebnisse sollen zum besseren Schutz der einzigartigen Tiere beitragen und sind kürzlich im Fachmagazin „BMC Evolutionary Biology“ erschienen.

Giraffen (Giraffa camelopardalis), ein Symbol der afrikanischen Savanne und fester Programmpunkt jeder Safari, faszinieren. Im Gegensatz zu anderen Wildtieren des Kontinents sind die langhalsigen Riesen bislang jedoch wenig erforscht. Je nach Fellmuster, Verbreitung und Erbgut lassen sich neun Unterarten unterscheiden – die Angola-Giraffe (Giraffa c. angolensis) und Kap-Giraffe (Giraffa c. giraffa) sind zwei davon.

Kap-Giraffen leben weiter nördlich als bisher angenommen
Wie die meisten Giraffen leben sie heute vor allem in Naturschutzgebieten. Bislang war man hier von einer klaren Abgrenzung ausgegangen: Angola-Giraffen kommen in Namibia und Nord-Botswana vor, Kap-Giraffen leben in Süd- Botswana und in Südafrika. „Die Verbreitungsgebiete sind unseren Untersuchungen zufolge aber viel komplexer.

Kap-Giraffen gibt es auch in Nordost-Namibia und in Nord-Botswana; Angola-Giraffen leben auch in Nordwest-Namibia und Süd-Botswana“, erklärt die Erstautorin der Studie Friederike Bock, Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F). Ein Blick auf die neue Verbreitungskarte zeigt, dass damit eine Population von Angola-Giraffen in der Central Kalahari Game Reserve, dem zweitgrößte Nationalpark der Welt, quasi zwischen zwei Populationen der Kap-Giraffe „steckt“‘ und die beiden Unterarten in direkter Nachbarschaft leben.

Unterarten entstanden durch frühere geografische Trennung
Dass in einer Region zwei genetisch unterschiedliche Unterarten entstehen konnten, erklärt das Team mit den dortigen geographischen Gegebenheiten vor circa 500.000 bis zwei Millionen Jahren. Damals senkte sich das Gebirge entlang des Ostafrikanischen Grabens ab, und großräumige Feuchtgebiete und Seen entstanden, beispielsweise der Paläo-See Makgadikgadi.

Prof. Dr. Axel Janke, BiK-F, meint dazu: „Diese Gewässer könnten die verschiedenen Populationen über lange Zeiträume voneinander getrennt haben. Vermutlich wandern weibliche Giraffen zudem nicht über große Strecken und tragen damit zur klaren Trennung der mütterlichen Linien bei.“ Heute bestehen zwar keine Barrieren mehr, die eine potentielle Vermischung der Giraffen verhindern. Zur Analyse dieser Prozesse wären jedoch weitere genetische Untersuchungen notwendig.

Angola- und Kap-Giraffe über mütterliches Genprofil eindeutig identifizierbar
Für die Studie erstellten die Forscher mit Gewebeproben von circa 160 Giraffen verschiedener Populationen aus ganz Afrika ein Profil der mitochondrialen DNA der Unterarten. Anhand dieses mütterlich vererbten Erbguts lassen sich die oft ähnlich gezeichneten Giraffenunterarten genetisch eindeutig unterscheiden und die Verwandtschaftsbeziehungen untereinander klar darstellen. „Unser Schwerpunkt lag auf Giraffen in Südafrika, speziell Botswana und Südafrika. Dort haben wir Populationen beprobt, die bisher nicht genetisch analysiert wurden“, so Bock.

Neue Erkenntnisse ermöglichen bessere Maßnahmen zum Schutz der Giraffen
Schätzungen der Weltnaturschutzorganisation IUCN gehen von etwa 100.000 Giraffen weltweit aus – mit abnehmender Tendenz. Allein in Botswana ist der Bestand innerhalb der letzten Jahre um mehr als die Hälfte geschrumpft. Für effektive Schutzmaßnahmen, die möglichst viele der Giraffen-Unterarten erhalten, sind deren zuverlässige Identifikation und genaue Informationen über ihre Verbreitung unerlässlich. Das überraschende Ergebnis zur Verbreitung der beiden Unterarten in Namibia und Botswana unterstreicht, wie wichtig die taxonomische Erforschung aller Giraffenunterarten ist.

Publikation:

Bock, F. et al. (2014): Mitochondrial sequences reveal a clear separation
between Angolan and South African giraffe along a cryptic rift valley – BMC Evolutionary Biology, DOI: 10.1186/s12862-014-0219-7, http://tinyurl.com/kj2zgey

Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:

Prof. Dr. Axel Janke
Goethe Universität &
LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)
+49 (0)69 7542 1842
Axel.jahnke@senckenberg.de

oder

Friederike Bock
LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)
+49 (0)69 7542 1830
friederike.bock@senckenberg.de

oder

Sabine Wendler
LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F),
Pressereferentin
+49 (0)69 7542 1838
sabine.wendler@senckenberg.de

LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Frankfurt am Main
Mit dem Ziel, anhand eines breit angelegten Methodenspektrums die komplexen Wech-selwirkungen von Biodiversität und Klima zu entschlüsseln, wird das Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK‐F) seit 2008 im Rahmen der hessischen Landes‐Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) gefördert. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und die Goethe Universität Frankfurt sowie weitere direkt eingebundene Partner kooperieren eng mit regionalen, nationalen und internationalen Akteuren aus Wissenschaft, Ressourcen‐ und Umweltmanagement, um Projektionen für die Zukunft zu entwickeln und wissenschaftlich gesicherte Empfehlungen für ein nachhaltiges Handeln zu geben.

Mehr unter www.bik-f.de

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Sabine Wendler Senckenberg

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