Der Asiatische Marienkäfer, ein Einwanderer mit außergewöhnlichem Krankheits-Schutzschild

Asiatischer Marienkäfer frisst an Pfirsich-Frucht<br>Foto: J.Gross/Julius Kühn-Institut (Dossenheim)<br>

Der Asiatische Marienkäfer trotzt Krankheitserregern wesentlich besser als der einheimische Siebenpunkt-Marienkäfer. Das Blut (Hämolymphe) des Einwanderers aus Asien entfaltet eine bis zu 1000-fach stärkere Wirkung gegen Bakterien und Pilze als das unseres Glücksbringers.

Das haben vergleichende Untersuchungen mit beiden Arten am Julius Kühn-Institut (JKI) in Dossenheim ergeben. Die Ergebnisse sind jetzt im Journal of Chemical Ecology erschienen (DOI 10.1007/s10886-010-9867-2).

Sie untermauern einen aktuellen Trend, den Wissenschaftler mit Sorge beobachten: Der invasive Asiatische Marienkäfer breitet sich immer weiter aus, denn er vermehrt sich schneller als unsere einheimischen Arten und hat durch die gute Abwehr von Krankheitserregern auch bessere Überlebenschancen.

„Das Überleben der Käferlarven, also ihre Fähigkeit Kinderkrankheiten zu überstehen, ist ein Schlüsselfaktor dafür, dass sich nicht heimische Käferarten in unseren Breiten etablieren können“, sagt Dr. Jürgen Gross. Der Wissenschaftler vom JKI untersucht, welche schützenden Substanzen die Käfer in die Wiege gelegt bekommen und wie ihr Immunsystem auf verschiedene Krankheitserreger reagiert. Das Forscherteam brachte dazu Käfer und deren Larven mit Bakterien und Pilzen in Kontakt und entnahm ihnen dann geringe Mengen ihres Blut. Dieses wurde auf seine antimikrobielle Wirkung auf die Mikroorganismen untersucht.

Die Wissenschaftler stellten fest, dass das Blut der asiatischen Marienkäfer und ihrer Larven das Bakterien- und Pilzwachstum hemmte. „Zu Beginn wollte ich meinen Augen nicht trauen“, berichtet Gross. „Die antibakterielle Wirkung des Käferblutes war ähnlich stark wie das eines bekannten Antibiotikums, das wir als Kontrolle benutzten“, so Gross. Die antimikrobielle Wirkung des Blutes des Asiaten war immer gleich stark, unabhängig davon, ob die Käfer vorher infiziert worden waren oder nicht. Im Vergleich dazu wirkte das Blut einheimischer Siebenpunkte (Coccinella septempunctata) nur gegen einige der Erreger. Außerdem war beim Siebenpunkt nur dann eine antimikrobielle Wirkung zu beobachten, wenn die Tiere zuvor mit einem abgetöteten Krankheitserreger in Berührung gekommen waren, das Immunsystem also wie bei einer Impfung einen Impuls erhalten hatte.

Neben der antimikrobiellen Aktivität der Körpersäfte der Käfer untersuchten die Forscher vom Julius Kühn-Institut auch die Wirkung der Duftwolke, die die Tiere umgibt. Drei der flüchtigen Substanzen aus der Duftwolke von erwachsenen Asiatischen Marienkäfern hemmten in den Tests ebenfalls das Wachstum von Bakterien und Pilzen. „Diese natürlichen Substanzen sind auch vor dem Hintergrund von zunehmenden Antibiotikaresistenzen von Bedeutung“, so der Wissenschaftler vom JKI. Für ihn als chemischen Ökologen bleibt jedoch erklärtes Ziel zu verstehen, wie sich bestimmte Insektenarten durch Substanzen, die sie produzieren, einen evolutionären Vorteil verschaffen. Im Fall des Marienkäfer-Einwanderers aus Asien ist nun ein weiteres Puzzleteil hinzugekommen, das hilft zu verstehen, warum er sich in Deutschland so gut etablieren konnte.

Originalarbeit:
J. Gross, A. Eben, I. Müller, A. Wensing: “A well protected intruder: The effective antimicrobial defense of the invasive Ladybird Harmonia axyridis”, Journal of Chemical Ecology (2010), Vol. 36/Nr.11. S. 1180-1188 (DOI 10.1007/s10886-010-9867-2).

Hintergrundinformation zum Asiatischen Marienkäfer:
Ursprünglich war der Asiatische Marienkäfer Harmonia axyridis nur in Ostasien verbreitet. Zur biologischen Bekämpfung von Blattläusen wurde er in Europa erstmals 1982 in Süd-Frankreich eingesetzt. Seit 2002 kommt es in Deutschland verbreitet zu Massenvermehrungen, wo die Käfer in und an Häusern vor allem im Herbst Schlagzeilen machen. Inzwischen ist der Asiatische Marienkäfer in ganz Deutschland und nahezu ganz Europa vertreten und gewinnt in pflanzenbaulichen Kulturen immer mehr an Bedeutung. Manche Kulturen profitieren von dem nützlichen Schädlingsvertilger. Für andere stellt die Art eine potenzielle Bedrohung dar. So kann es im Weinbau zu wirtschaftlichen Schäden kommen, wenn eine größere Zahl an Tieren bei der Ernte mit ins Lesegut geraten. Darüber informiert ein Faltblatt des JKI, das unter www.jki.bund.de Dr. Jürgen Gross
Julius Kühn-Institut – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Fachinstitut für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau
Schwabenheimer Str. 101, 69221 Dossenheim
Tel.:06221/86805-21 od. 17 (Sekr.)
E-Mail: juergen.gross(at)jki.bund.de

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Stefanie Hahn idw

Weitere Informationen:

http://www.jki.bund.de

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