Ameisen schützen Akazienpflanzen vor Krankheitserregern

Blätter von Akazienpflanzen der Art Acacia hindsii, die von symbiotischen (links) oder von parasitischen Ameisen (rechts) besiedelt werden.<br><br>Marcia González-Teuber / Max-Planck-Institut für chemische Ökologie<br>

Die Anwesenheit von Ameisen reduziert deutlich die Bakterienbesiedelung auf der Blattoberfläche und fördert sichtbar die Gesundheit der Akazie. Untersuchungen weisen darauf hin, dass in den Ameisen siedelnde symbiontische Bakterien Krankheitserreger auf der Blattoberfläche der Pflanze hemmen.

Was in der heutigen Sprache von Wirtschaft und Politik eine „win-win“-Situation, das ist in der Biologie eine Symbiose: die Beziehung zweier Arten, bei dem beide Partner voneinander profitieren. Die Symbiose von Akazienpflanzen mit den auf ihnen siedelnden Ameisen ist dafür ein hervorragendes Beispiel:

Die Pflanze stellt Kost und Logis in Form von Futterkörperchen und Nektar sowie hohlen Dornen für die Behausung zur Verfügung. Die Ameisen revanchieren sich, indem sie die Pflanze gegen Fraßfeinde verteidigen. Dass sie auch indirekt schädliche Erreger auf der Pflanze in Schach halten, haben jetzt Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena herausgefunden. Die Anwesenheit von Ameisen reduziert deutlich die Bakterienbesiedelung auf der Blattoberfläche und fördert sichtbar die Gesundheit der Akazie. Untersuchungen weisen darauf hin, dass in den Ameisen siedelnde symbiontische Bakterien Krankheitserreger auf der Blattoberfläche der Pflanze hemmen. (New Phytologist, 6. Januar 2014, doi: 10.1111/nph.12664)

Als Ameisenpflanzen werden Pflanzen bezeichnet, die mit Ameisen eine symbiotische Lebensgemeinschaft bilden. Zu ihnen gehört auch die Akazienart Acacia hindsii, die in den tropischen Trockenwäldern Mittelamerikas beheimatet ist. Ihre Bewohner sind Ameisen der Gattung Pseudomyrmex. Die Ameisen sind abhängig von ihrer Wirtspflanze, die ihnen neben Nektar protein- und fettreiche Futterkörperchen als Nahrung zur Verfügung stellt. Die Akazie bietet auch Unterkünfte an, sogenannte Domatien in Form von Hohlräumen in den vergrößerten Dornen. Als Gegenleistung für Nahrung und Behausung macht sich die Ameisenart Pseudomyrmex ferrugineus nützlich und verteidigt als Schutzpatrouille ihre Wirtspflanze gegen Fraßfeinde und konkurrierende Pflanzen. Diese Art von Symbiose wird auch als Mutualismus bezeichnet, denn beide Symbiosepartner profitieren wechselseitig von ihrem Zusammenleben. Es gibt aber auch Ameisen, die die Dienste der Pflanze ohne Gegenleistung in Anspruch nehmen, wie die parasitische Art Pseudomyrmex gracilis.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie sind nun der Frage nachgegangen, ob die kleinen Leibwächter ihren Wirt auch vor mikrobiellen Erregern schützen können. Dazu verglichen sie die Blätter von Akazienpflanzen, die entweder von symbiotischen oder parasitischen Ameisen besiedelt wurden bzw. mit Akazien, von denen die Ameisen vollständig entfernt worden waren. Es fiel auf, dass Blätter von Akazien, die von parasitischen Ameisen besiedelt wurden, deutlich mehr Blattschädigungen, die durch andere Pflanzenfresser und mikrobielle Krankheitserreger verursacht worden waren, aufwiesen als Blätter von Akazien, die von symbiotischen Ameisen bewohnt wurden. Offensichtlich wirkt sich die Anwesenheit der richtigen Symbiosepartner positiv auf den Gesundheitszustand der Pflanze aus.

Untersuchungen der Blattoberflächen ergaben, dass die Anzahl pflanzenpathogener Erreger deutlich erhöht war und mehr krankes Blattgewebe sichtbar war, wenn Ameisen der Art Pseudomyrmex ferrugineus als Symbiosepartner fehlten. Diese Pflanzen zeigten auch eine deutlichere Immunreaktion in Form einer erhöhten Konzentration von Salicylsäure, einem Pflanzenhormon, das für die Verteidigung gegen Krankheitserreger bedeutsam ist. Genaue Analysen der Bakterienzusammensetzung auf der Blattoberfläche ergaben, dass sich bei Anwesenheit von symbiotischen Ameisen die Bakterienpopulationen veränderten und pathogene Erreger deutlich vermindert wurden. Dieser Effekt war erstaunlicherweise auch bei parasitischen Ameisen zu beobachten, wenn auch weit weniger ausgeprägt.

Wie genau der antimikrobielle Schutz durch die Ameisen auf die Pflanze übertragen wird, ist noch unklar. Die chilenische Forscherin Marcia González-Teuber, Erstautorin der Publikation, vermutete, dass Mikroorganismen, die mit der Ameise vergesellschaftet sind, dabei eine Rolle spielen. Da die Akazienblätter vor allem mit Ameisenbeinen in Berührung kommen, extrahierte sie die Beine von symbiotischen und parasitischen Ameisen, um die Wirkung der Extrakte auf das Wachstum von bakteriellen Keimen im Labor zu testen. Der Pflanzenerreger Pseudomonas syringae reagierte empfindlich auf die Beinextrakte beider Ameisenarten und wurde in seinem Wachstum gehemmt.

Anschließend isolierte und identifizierte die Wissenschaftlerin Bakterienstämme, die in den Ameisenbeinen siedelten. Stämme der Gattungen Bacillus, Lactococcus, Pantoea und Burkholderia hemmten im Labortest wirksam das Wachstum von Pseudomonas-Bakterien, die direkt von kranken Akazienblättern isoliert worden waren. Einige der mit den Ameisen assoziierten Bakteriengattungen sind dafür bekannt, dass sie antibiotische Substanzen produzieren.

Die Wissenschaftler aus Jena haben damit die Symbiose von Ameisen und ihren Wirtpflanzen um eine weitere Symbioseebene bereichert. „Solche wechselseitigen Beziehungen sind viel komplexer als bislang angenommen. In Zukunft müssen wir wohl generell Bakterien und andere Mikroorganismen in unsere Überlegungen mit einbeziehen“, meint Wilhelm Boland, Leiter der Abteilung Bioorganische Chemie am Max-Planck-Institut. Auch die Untersuchungen zu Symbiosen von Ameisen und Ameisenpflanzen müssen zukünftig die Möglichkeit weiterer bakterieller Partner in Betracht ziehen, die den Schutz der Pflanzen durch die Ameisen weiter verstärken. [AO]

Originalveröffentlichung:
González-Teuber, M., Kaltenpoth, M., Boland, W. (2014). Mutualistic ants as an indirect defence against leaf pathogens. New Phytologist, DOI 10.1111/nph.12664

http://dx.doi.org/10.1111/nph.12664

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Wilhelm Boland, Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, E-Mail boland@ice.mpg.de, Tel.: +49 3641 57 1201
Kontakt und Bildanfragen
Angela Overmeyer M.A., MPI für chemische Ökologie, Hans-Knöll-Str. 8, 07743 Jena, +49 3641 57-2110, overmeyer@ice.mpg.de

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