Algen liefern Nacktschnecken Werkzeug zur Photosynthse

Die ultimative Form der Solarenergie nutzen atlantische Nacktschnecken der Spezies Elysia chlorotica: Sie fressen Pflanzen und ernähren sich fortan photosynthetisch.

Das Forscherteam um Mary Rumpho von der University of Maine hat nun entdeckt, dass die rund vier Zentimeter großen Schnecken in der Lage sind, Gene von der von ihnen verschlungenen Algen für eigene Zwecke – nämlich zur Photosynthese – zu nutzen, berichtet sie im Wissenschaftsmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences PNAS.

„Das, was diese Spezies der so genannten Sackzüngler tatsächlich macht, ist etwas Besonderes“, meint die Evolutionsbiologin Heike Wägele von der Universität Bonn im pressetext-Interview. „Dieses Tier ist in der Lage, ein fremdes Organell einzulagern und es zum eigenen Bedarf zu erhalten. Wir sprechen hier von Kleptoplastie“ Konkret gehe es um die sogenannten Chloroplasten, den Organellen der Zellen von Grünalgen, die in der Lage sind Photosynthese zu betreiben. „Dabei ist es völlig unklar, wie es diese Tiere schaffen, die gefressenen Algen nicht komplett zu verdauen“, erklärt die Biologin, die die Evolution dieser Nacktschnecken erforscht. „Von den insgesamt 300 Arten Sackzüglern gibt es einige basale Formen, die nicht in der Lage sind, diese Umwandlung so hinzukriegen.“ Irgendwann im Laufe der Evolution habe es einen Punkt gegeben, an dem die Tiere diese biologische Meisterleistung geschafft haben. Rumpho hatte in vorhergehenden Studien entdeckt, dass ein Schnecken-Jungtier, das sich zwei Wochen lang von der Alge ernährte, bis zum Lebensende – etwa ein Jahr lang – nichts mehr fressen musste.

Rumphos Team hat nun die Choloroplasten-Gene der Alge Vaucheria litorea – einer Lieblingsmahlzeit der Schnecken – sequenziert und dabei entdeckt, dass die Schnecke ein für die Alge lebensnotwendiges Gen in sich trug. Dabei war sogar die Gensequenz mit jener der Alge ident. Das bedeutet, dass die Schnecke die Gene praktisch aus ihrer eigenen Nahrung „gestohlen“ hatte. Eine Möglichkeit wäre, dass die Alge im Verdauungstrakt der Schnecke so verarbeitet wird, dass dabei die Gene der Alge in die DNA der Schnecke transportiert werden. Die Schnecke produziert schließlich jene notwendigen Proteine, die dem gestohlenen Chloroplasten das Überleben – und damit das Weiterfunktionieren – sichert. Möglicherweise spiele aber auch ein Virus eine entscheidende Rolle in diesem Transformationsprozess. Beweise dafür konnte auch Rumphos Team nicht finden.

Etwas hat die Forscher allerdings schon stutzig gemacht: In den Geschlechtszellen der Schnecke fand man ebenso das Gen der Alge. Möglicherweise kann damit diese Fähigkeit an die Nachkommen weitergegeben werden. „Weltweit gibt es derzeit allerdings niemanden, der das weiß“, meint Wägele abschließend gegenüber pressetext.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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