Akustische Nanomotoren

Wissenschaftler haben einen aktiven Nanomotor entwickelt, der das Genschneidesystem zielgerecht in der Zelle absetzt. (c) Wiley-VCH

Für die Krebsforschung ist der Komplex Cas9-sgRNA ein außerordentlich wirkungsvolles Instrument, um zum Beispiel Tumorgene gezielt zu verändern. Eine Hürde stellt derzeit noch die Aufgabe dar, den Komplex quantitativ und schnell durch die Zellmembran und zum Genom zu bringen.

Amerikanische und dänische Wissenschaftler haben jetzt einen aktiven Nanomotor entwickelt, der das Genschneidesystem zielgerecht in der Zelle absetzt. Wie sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie erläutern, erhält der Nanotransporter seinen Antrieb durch Ultraschall.

Die gezielte Veränderung von Genen gilt als hochinteressante Option für die Krebstherapie: Besonders, seit man kurz nach der Jahrtausendwende das adaptive bakterielle Immunabwehrsystem namens CRISPR und ihr Potenzial als Genschneidemaschinerie entdeckt hatte. Die heute benutzten CRISPR-Systeme zur Genveränderung setzten sich aus der „single-guide”-RNA oder sgRNA und dem Genschneideenzym der Cas-9-Nuklease zusammen. Während die sgRNA die Nuklease direkt zur gewünschten Gensequenz bringt, schneidet die Nuklease das Genom mit chirurgischer Effizienz.

Schwierig ist dagegen noch der Transport dieser großen Maschinerie von außen in die Zelle und zum Zielgenom. In der Zeitschrift Angewandte Chemie schlagen Liangfang Zhang und Joseph Wang von der University of California in San Diego und ihre Kollegen jetzt als aktiven Transporter Ultraschall-angetriebene Gold-Nanodrähte vor. Diese sollen den Cas9-sgRNA-Komplex nicht nur über die Zellmembran transportieren, sondern ihn in der Zelle auch zielgenau freisetzen.

Gold-Nanodrähte können eine Membran zwar durch Diffusion passiv überwinden. Eine aktive Beschleunigung durch einfache Ultraschallbehandlung ist jedoch durch die gegebene Asymmetrie ebenfalls möglich, wie die Autoren darlegen. „Die asymmetrische Form des Gold-Nanodraht-Motors, die im Herstellungsprozess angelegt wird, ist wesentlich für den akustischen Vortrieb”, heißt es in ihrem Artikel.

Den vollständigen Transporter setzten sie zusammen, indem sie den Cas-9-Protein/RNA-Komplex durch Sulfidbrücken am Gold-Nanodraht befestigten. Schwefelbindungen für die Verknüpfung von Motor und Ladung haben den Vorteil, dass diese Bindung in der Tumorzelle durch Glutathion wieder aufgebrochen wird.

Dieses kleine Peptid kommt als natürliche reduzierende Substanz in Tumorzellen besonders häufig vor. Es löst die Bindung des Cas9-sgRNA-Komplex zum Transporter-Draht, und der freigesetzte Komplex kann im Genom seine Funktion ausüben, zum Beispiel ein Gen ausschalten.

In ihrem Testsystem beobachteten die Wissenschaftler die Ausschaltung der Fluoreszenz von B16F10-Melanomzellen mit exprimiertem grünen fluoreszierenden Protein. Eine fünfminütigen Ultraschallbehandlung reichte, um den Nanomotor mit dem Cas9-sgRNA-Komplex in die Zelle eindringen zu lassen. Die Fluoreszenz wurde schon bei winzigsten Konzentrationen des Schneidekomplexes durch die Genausschaltung schnell und effektiv ausgelöscht.

Ein akustischer Nanomotor als aktiver Transporter für die Gentherapie, und das bei geringsten Mengen an Schneideenzym, ist ein bemerkenswertes Ergebnis, das in die Zukunft weist. Eine weitere Errungenschaft ist dessen einfacher Aufbau aus wenigen, leicht erhältlichen Komponenten.

Angewandte Chemie: Presseinfo 04/2018

Autor: Joseph Wang, University of California, San Diego (USA), http://joewang.ucsd.edu/

Link zum Originalbeitrag: https://doi.org/10.1002/ange.201713082

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.

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Dr. Karin J. Schmitz Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

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