Motoren auf dem Prüfstand

Konditionierung eines Motorenaufbaus in einem volldynamischen Motorenprüfstand im Vorfeld einer Emissionsmessung. Foto: Fraunhofer IBP<br>

Die Prüfeinrichtung zur Erfassung von Emissionen aus Verdunstungsprozessen und Optimierung des Emissionsverhaltens unter definierten Umweltbedingungen – oder einfacher gesagt: der Motorenprüfstand ist eines von ihnen. Hier lassen deutsche Automobilhersteller wie zum Beispiel BMW bei der Abteilung »Bauchemie, Baubiologie und Hygiene « ihre neuesten Fahrzeugbauteile und Motoren testen.

Dabei geht es insbesondere um Fahrzeuge, die für den Export, vor allem in den nordamerikanischen Markt, bestimmt sind. Der Konkurrenzdruck unter den Fahrzeugherstellern ist groß und daher agieren die Fraunhofer-Forscher in Holzkirchen stets vertraulich und hinter verschlossenen Türen.

In den USA – speziell in Kalifornien – herrschen deutlich strengere behördliche Richtlinien in Bezug auf Schadstoffemissionen bei Fahrzeugen als in Europa. Ziel der Regierung ist es, dadurch eine Verbesserung der Luftqualität sowie eine Minderung von gesundheitlichen Risiken in Ballungszentren zu erreichen. Viele Amerikaner haben ihr Auto quasi im Wohnzimmer stehen, da die Garage bei Einfamilienhäusern häufig nur durch eine Gipskartonwand vom eigentlichen Wohnbereich getrennt ist. Sind diese Wände erst einmal mit Schadstoffen gesättigt, lassen sie die gesundheitsschädlichen Ausdünstungen der Pkw nahezu 1:1 in die Wohnräume strömen.

Deshalb werden im Bereich Automobilbau mitunter von der »U.S. Environmental Protection Agency (EPA)« und vom »California Air Resources Board (CARB)« Emissionsgrenzwerte für Einzelsubstanzen und Stoffgruppen wie Stickoxide, Kohlenmonoxide, Formaldehyd, Kohlenwasserstoffen und bei Dieselfahrzeugen zusätzlich für Feinstaub, festgesetzt. Die Neufahrzeuge werden dabei in Emissionsgruppen eingeteilt. Diese beginnen mit den so genannten Low-Emission Vehicles (LEV) und reichen bis zu den Zero-Emission Vehicles (ZEV). Eine erwartete Verschärfung der CARB-Grenzwerte 2017 wird den Druck auf die exportierenden Automobilhersteller zusätzlich erhöhen. Schon jetzt müssen sie über einen Nutzungszeitraum von 15 Jahren oder 150.000 Meilen die Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben bei ihren Fahrzeugen gewährleisten. Um diese Vorgaben dauerhaft erfüllen zu können, ist bereits während der Fahrzeugentwicklung eine Optimierung und später eine Überwachung des Emissionsverhaltens notwendig.

Bei der Ermittlung und Optimierung von Verdunstungsemissionen unterscheidet die Branche zwischen zwei Kategorien: Fuel-Emissionen, die bei Auffüllen der Kraftstofftanks oder beim Betanken von Fahrzeugen an den Tankstellen austreten, sowie die Non-Fuel-Ausdünstungen, die aus Materialien, Fahrzeugbauteilen, Fahrzeugbaugruppen oder Antriebssystemen in die Umwelt gelangen. Im Normalfall wird die Untersuchung in Emissionsprüfkammern für das Gesamtfahrzeug durchgeführt – ein aufwendiger und kostenintensiver Vorgang, der erst zum Zeitpunkt der Fahrzeugproduktion stattfindet. Fehler- und Störquellen werden folglich sehr spät aufgedeckt und verursachen im schlimmsten Fall einen Produktionsstopp neuer Baureihen.

Ein großer Vorteil des Fraunhofer IBP besteht darin, dass die Wissenschaftler dort die Möglichkeit haben, einzelne Teile, wie den Motor oder Baugruppen separat in kleineren Prüfkammern mit einem Volumen von 100 Litern bis zu 7,5 m3, zu testen. Die gewonnenen Messdaten werden in einer Datenbank hinterlegt und stehen den Projektpartnern online jederzeit zur Verfügung. So kann bereits in einem frühen Stadium auf Auffälligkeiten reagiert und begleitend zur Entwicklung von neuen Fahrzeugtypen agiert werden. Ziel ist es, anhand der Messungen eine begleitende Optimierung von Bauteilen und Fahrzeugkomponenten während der Entwicklungsphase zu erreichen, damit bei Modelleinführung und Serienfertigung die gesetzlichen Auflagen erfüllt und dauerhaft für die gesamte Lebensdauer eines Fahrzeugs eingehalten werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Untersuchungen und Beurteilungen von Verdunstungsemissionen leicht flüchtiger organischer Verbindungen im Fuel- bzw. Non-Fuel-Bereich.

Die umfangreichen und langjährigen Messungen haben den Fraunhofer-Mitarbeitern zu einem enormen Erfahrungsschatz verholfen, der ihnen die tägliche Arbeit erleichtert. Seit der Messstand 2005 in Betrieb genommen wurde, haben sich die Prüfkapazitäten um 50 Prozent gesteigert. Breit gestreute Untersuchungen haben im Laufe der Zeit wesentliche Emissionsquellen im Bereich der Fuel-Emissionen aufgedeckt, wie beispielsweise Dichtungen oder ungeeignete Schlauchmaterialien. Zudem weiß man heute, dass bei neu entwickelten Motoren zu Beginn hohe Verdunstungsemissionswerte auftreten, die durch Wärmeeinfluss schneller reduziert werden können. »Oft kann man mit minimalen Maßnahmen eine große Wirkung erreichen und durch eine frühe Baugruppenoptimierung niedrigere Emissionen erzielen«, erklärt IBP-Wissenschaftler, Dr. Michael Rampfl, die Vorzüge seiner Prüfeinrichtung. Eine Maßnahme kann zum Beispiel das Einbauen von Aktivkohlefiltern sein, um den Absorptionsgrad von Schadstoffen an bestimmten Verbindungen zu erhöhen oder die Hersteller ersetzen eine Steckverbindung durch eine Verschraubung. »Bei der Behebung von Störquellen darf aber im Sinne des Kunden das Kosten-Nutzenverhältnis nicht aus den Augen verloren werden«, so Rampfl.

Untersuchungen an einer Motorneuentwicklung haben gezeigt, dass ein Motor ohne Optimierungsmaßnahmen den gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Verdunstungsemissionen von Kohlenwasserstoffen häufig nicht genügt. Doch schon mit wenigen emissionsverhindernden Maßnahmen konnten die Anforderungen erfüllt werden. Darüber hinaus gewannen die Forscher des Fraunhofer IBP die wichtige Erkenntnis, dass die Resultate der Optimierungsmaßnahmen aus der Entwicklung auch in der Serienfertigung Berücksichtigung finden.

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