Die industrielle Gemeinschaftsforschung auf dem Prüfstand

Das bescheinigt eine im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) durchgeführte „Erweiterte Erfolgskontrolle“ des Programms. Die industrielle Gemeinschaftsforschung findet im Innovationsnetzwerk der AiF statt, wird von ihr administrativ betreut und vom BMWi gefördert. Die Ergebnisse aus dieser anwendungsorientierten Forschung sollen zu Innovationen vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) führen.

Ob das tatsächlich auch so ist, untersuchten fünf Jahre lang das RWI (Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung) und die WSF (Wirtschafts- und Sozialforschung Kerpen). Sie befragten zahlreicher Akteure aus dem gesamten AiF-Netzwerk, also aus Forschungsvereinigungen, Forschungsinstituten sowie Unternehmen und führten Experteninterviews durch. Der Erfolg der IGF-Projekte konnte teilweise beziffert werden: Durchschnittlich 3,3 Unternehmen nutzen die Forschungsergebnisse eines Projektes im eigenen Betrieb. Die tatsächliche Zahl dürfte noch viel höher liegen, denn durch den offenen und vorwettbewerblichen Charakter der IGF ist keine genaue Erfassung aller wirtschaftlichen Umsetzungen möglich.

Die Untersuchung zeigt auch, dass die volkswirtschaftliche Bedeutung der IGF weit über die reine Nutzung von einzelnen Projektergebnissen hinausgeht. In den projektbegleitenden Ausschüssen diskutieren Forscher und Vertreter unterschiedlicher Unternehmen gemeinsam. So entstehen „technologische Leitprojekte“, die auch maßgeblich Entwicklungstrends ganzer Branchen oder branchenübergreifend beeinflussen können, wie am Beispiel des Maschinenbaus beobachtet. Die wirtschaftliche Umsetzung bleibt stets im Fokus, da bei der IGF „eine Einbindung von Unternehmen (insbesondere KMU) eine wichtige Rolle spielt und offenbar in erheblichem Maße stattfindet“, heißt es in der Zusammenfassung der Befunde. Die Autoren der Studie sehen es als ein Verdienst der IGF an, dass Hochschulinstitute inzwischen praxisnäher und KMU-freundlicher forschen. Damit ist auch ein wesentlicher Beitrag der IGF zur Ausbildung von Ingenieuren und Naturwissenschaftlern verbunden, denn in IGF-Projekten werden angehende Experten an praxisnahen Themen geschult.

Eine wichtige Komponente und ein entscheidender Unterschied zu anderen Förderprogrammen des Bundes ist die Kontinuität: Die IGF wird seit über 55 Jahren gefördert. Nur so konnten funktionierende Transferketten sich etablieren und viele „substanzielle Anstöße“ für technologische Entwicklungen liefern, die „für die Branche als Ganzes und die in ihr operierenden KMU von vitaler Bedeutung waren“, wie es im Endbericht der Untersuchung heißt. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Textilbranche: Der für den Standort Deutschland schon fast totgesagte Wirtschaftszweig konnte sich dank der stark anwendungsorientierten IGF-Infrastruktur durch innovative Produkte erholen und ist heute weltweit führend im Bereich technischer Textilien.

Das jahrelange Wirken der einzelnen branchenspezifischen Forschungsvereinigungen unter dem Dach der AiF fördert persönliche Kontakte und gemeinsame, fachübergreifende Initiativen. Weil Innovationen oft an den Schnittstellen der Branchen entstehen, plädieren die Verfasser der Studie dafür, dieses interdisziplinäre Potenzial des AiF-Netzwerks noch stärker auszuschöpfen. Darüber hinaus liefern die Evaluatoren weitere Vorschläge, wie das Innovationsnetzwerk der AiF noch effizienter zur Förderung genutzt werden kann. Denn vor dem Hintergrund, dass anwendungsorientierte Grundlagenforschung für kleine und mittlere Unternehmen häufig nicht finanzierbar ist, „nimmt das Programm eine zentrale Position innerhalb der Technologiepolitik des Bundes ein“, so das Fazit der Studie. Die IGF ist für den Mittelstand die Brücke zwischen der Grundlagenforschung und der Produkt- oder Verfahrensentwicklung.

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