DFG richtet 13 weitere Schwerpunktprogramme ein

Wie rational ist das menschliche Denken und Handeln und was können die bislang getrennten Erklärungsansätze der Philosophie und Psychologie gemeinsam zu seinem Verständnis beitragen? Warum können Parasiten in Wirtszellen des Organismus überleben, die eigentlich für ihre Bekämpfung vorgesehen sind und eine dementsprechend lebensfeindliche Umgebung darstellen? Wie sieht es im Inneren des „Interstellaren Mediums“ aus und welchen Einfluss haben die dortigen physikalischen Prozesse auf die Entstehung von Sternen und Planeten und die Entwicklung der Galaxien? Wie lassen sich Bauwerke aus modernem Hochleistungsbeton leichter entwerfen und bauen? Ist das aus der Natur bekannte Prinzip der „Selbstheilung“ auch auf Materialien aller Art übertragbar und wo können diese „selbstheilenden Materialien“ eingesetzt werden? Und wie können Computer „autonom lernen“ und damit am Ende von menschlichen Experten unabhängig werden, die bislang die Daten, Algorithmen und Parameter vorgeben und die Schlussfolgerungen ziehen?

Dies sind einige der Fragestellungen aus der Grundlagenforschung, die in den kommenden Jahren in neuen Schwerpunktprogrammen (SPP) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) untersucht werden.

Der Senat der DFG richtete jetzt auf seiner Frühjahrssitzung in Bonn insgesamt 13 weitere Schwerpunktprogramme ein. Sie sollen ab Anfang 2011 ihre Arbeit aufnehmen und das in Deutschland und darüber hinaus vorhandene wissenschaftliche Know-how zu besonders aktuellen oder sich gerade erst bildenden Forschungsgebieten vernetzen.

Die neuen SPP decken das gesamte fachliche Spektrum von den Geistes- und Sozialwissenschaften über die Lebenswissenschaften und Naturwissenschaften bis zu den Ingenieurwissenschaften ab. Das Themenspektrum reicht dabei vom Geschehen auf den internationalen Finanzmärkten, das im Licht der aktuellen weltweiten Finanzkrise und in der Zusammenführung von Makroökonomik, Geldpolitik- und Finanzmarktforschung untersucht wird, bis zur Pflanzenfamilie der Brassicaceae, bei der die molekularen und evolutionären Mechanismen erforscht werden sollen, mit denen diese Kreuzblütengewächse an bestimmten Standorten überleben, während sie anderswo nicht gedeihen können. Andere Programme untersuchen etwa den Stofftransport in porösen Medien oder den Wärmetransport durch Spinfreiheitsgrade und haben damit über die Klärung grundlegender wissenschaftlicher Fragestellungen hinaus einen ausgeprägten Anwendungsbezug. Hohes Innovationspotenzial besitzen auch die geplanten Forschungen zu „ressourceneffizienten Konstruktionselementen“ im Maschinen- und Fahrzeugbau, mit denen sowohl der Verschleiß verringert als auch der Energieverbrauch gesenkt werden soll.

Die Programme sind in hohem Maße interdisziplinär angelegt und bringen beispielsweise Biologie, Chemie, Physik und Materialwissenschaften zusammen, um bionische Konzepte auf die Synthese nicht-natürlicher Festkörper zu übertragen und so maßgeschneiderte anorganische Funktionsmaterialien zu erhalten. Der Einsatz neuester Forschungsmethoden und -geräte – etwa aus der Pflanzenforschung, der Astrophysik oder Informatik – ist ein weiteres Kennzeichen der nun eingerichteten Verbünde. Allen gemeinsam ist auch die enge Einbeziehung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die wesentliche Voraussetzung für die Einrichtung eines neuen Schwerpunktprogrammes ist.

Die 13 neuen SPP wurden aus insgesamt 64 eingereichten Konzepten ausgewählt. Jedes Programm wird in den kommenden Monaten von der DFG einzeln ausgeschrieben, die eingehenden Förderanträge werden in einem strengen Begutachtungsverfahren auf ihre wissenschaftliche Qualität und ihren Beitrag zum jeweiligen Oberthema geprüft. Bei zwölf der neuen Programme erstreckt sich die Förderung zunächst über drei Jahre, ein SPP wird zunächst für zwei Jahre gefördert. Für alle 13 neuen SPP stehen dabei im ersten Förderjahr 25 Millionen Euro und in der ersten Förderperiode insgesamt gut 73 Millionen Euro zur Verfügung.

Die Schwerpunktprogramme der DFG arbeiten in der Regel sechs Jahre. Mit den nun bewilligten 13 Einrichtungen fördert die DFG ab 2011 insgesamt 96 SPP.

Die neuen Schwerpunktprogramme (geordnet nach Wissenschaftsgebieten) und ihre Koordinatoren sind:

Geistes- und Sozialwissenschaften

New Frameworks of Rationality
Koordinator: Prof. Markus Knauff, Universität Gießen
Financial Market Imperfections and Macroeconomic Performance
Koordinator: Prof. Tom Krebs, Universität Mannheim
Lebenswissenschaften
Evolutionary Plant Solutions to Ecological Challenges: Molecular Mechanisms Underlying Adaptive Traits in the Brassicaceae s.l. (Adaptomics)

Koordinatorin: Dr. Ute Krämer, Universität Bochum

Zellkompartimente als Orte der Pathogen-Wirt-Interaktion
Koordinator: Prof. Albert Haas, Universität Bonn
Flowering Time Control: From Natural Variation to Crop Improvement
Koordinator: Prof. Christian Jung, Universität Kiel
Naturwissenschaften
Physics of the Interstellar Medium
Koordinator: Prof. Andreas Burkert, TU München
Spin Caloric Transport (SpinCaT)
Koordinator: Prof. Christian Back, Universität Regensburg
Ingenieurwissenschaften
Autonomes Lernen
Koordinator: Dr. Marc Toussaint, TU Berlin
Leicht Bauen mit Beton
Koordinator: Prof. Manfred Curbach, TU Dresden
Poröse Medien mit definierter Porenstruktur in der Verfahrenstechnik – Modellierung, Anwendungen, Synthese

Koordinator: Prof. Frerich Keil, TU Hamburg-Harburg

Design and Generic Principles of Self-Healing Materials
Koordinator: Prof. Ulrich Schubert, Universität Jena
Ressourceneffiziente Konstruktionselemente
Koordinator: Prof. Bernd-Robert Höhn, TU München
Generation of Multifunctional Inorganic Materials by Molecular Bionics
Koordinator: Prof. Joachim Bill, U Stuttgart
Weiterführende Informationen
Ausführliche Informationen zu den Schwerpunktprogrammen der DFG inklusive einer Liste der geförderten Programme finden sich unter:

www.dfg.de/foerderung/programme/listen/index.jsp?id=SPP

Weitere Auskünfte zu den nun bewilligten SPP erteilen die jeweiligen Koordinatorinnen und Koordinatoren.

Media Contact

Marco Finetti idw

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