DFG richtet zehn weitere Sonderforschungsbereiche ein

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet zum 1. Januar 2008 zehn weitere Sonderforschungsbereiche (SFB) ein. Sie sollen mit insgesamt 74,4 Millionen Euro für zunächst vier Jahre gefördert werden; hinzu kommt eine jeweils 20-prozentige Programmpauschale für indirekte Kosten, die sich aus den Forschungsprojekten ergeben.

Die neu bewilligten SFB befassen sich unter anderem mit Entzündungen im Gehirn, der Sauerstoffverteilung im tropischen Ozean und mit Nanostrukturen in der Makrowelt. Weitere Themen sind die neurobiologischen Grundlagen des Verhaltens, das Zyklenmanagement in Innovationsprozessen und die Entwicklung hochbrillanter Laser und anderer neuartiger Bauelemente. Unter den zehn neuen Einrichtungen befinden sich zwei SFB/Transregio, die auf mehrere Standorte verteilt sind.

Neben den Einrichtungen beschloss der zuständige Bewilligungsausschuss von Deutschlands größter Forschungsförderorganisation am 20. und 21. November in Bonn auch die Fortsetzung von 26 SFB für eine weitere Periode. Damit fördert die DFG ab Anfang kommenden Jahres 259 Sonderforschungsbereiche. Sie erhalten 2008 insgesamt 403 Millionen Euro zuzüglich der 20-prozentigen Programmpauschale.

Die neuen Sonderforschungsbereiche im Einzelnen:

Das „Gehirn als Ziel von entzündlichen Prozessen“ steht im Fokus des SFB/Transregio 43. In ihm wenden sich Forscher aus Berlin und Göttingen gezielt den Entzündungs- und Immunreaktionen im Gehirn zu, die lange Zeit gegenüber der Erforschung entzündlicher Prozesse außerhalb des Gehirns vernachlässigt wurden. Die geplanten Projekte sollen unter anderem klären, welche Rolle Entzündungen bei traumatischen und neurodegenerativen Prozessen spielen. Dabei stehen Erkrankungen wie der Schlaganfall, Alzheimer oder die Multiple Sklerose im Mittelpunkt des Interesses. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen langfristig auch für Therapien in die klinische Praxis umgesetzt werden. (Sprechereinrichtungen: Charité – Universitätsmedizin Berlin, getragen von der Humboldt-Universität und der Freien Universität Berlin, Sprecherin: Frauke Zipp)

Wie sich Krebszellen bei Lymphom-Erkrankungen an ihr Umfeld anpassen und damit eine Heilung oft erschweren oder gar unmöglich machen, will der SFB/Transregio 54 „Wachstum und Überleben, Plastizität und zelluläre Interaktivität lymphatischer Neoplasien“ klären. Die beteiligten Wissenschaftler aus Berlin und München verbinden dabei tierexperimentelle und patientenorientierte Projekte, die auf neuartige Therapieansätze etwa beim Hodgkin-Lymphom, bei Multiplen Myelomen und anderen bösartigen Erkrankungen lymphatischer Zellen abzielen. (Sprechereinrichtung: Charité – Universitätsmedizin Berlin, getragen von der Humboldt-Universität und der Freien Universität Berlin, Sprecher: Bernd Dörken)

Mit einem angesichts des Klimawandels hochrelevanten Thema befasst sich der SFB 754 „Climate – Biogeochemistry Interactions in the Tropical Oceans“. In ihm wollen Meeres- und Geowissenschaftler und Mikrobiologen aus Kiel die Sauerstoffverteilung im tropischen Ozean erforschen. Besonders interessiert sie, wie der Sauerstoffgehalt durch das Zusammenspiel von physikalischen, biologischen und geochemischen Prozessen dramatisch abnehmen und welche Folgen dies für den Nährstoffhaushalt des Ozeans und das Klima haben kann – Fragen, die nicht zuletzt durch den Einsatz der deutschen Forschungsschiffe „Meteor“, „Merian“ und „Sonne“ beantwortet werden sollen. (Sprecherhochschule: Christian-Albrechts-Universität Kiel, Sprecher: Douglas W.R. Wallace)

Oberflächenphysik, Magnetismus, Halbleiterphysik, Materialwissenschaft und Theoretische Physik verbindet der SFB 762 „Funktionalität Oxidischer Grenzflächen“. In ihm geht es um die Herstellung von oxidischen Heterostrukturen und die Charakterisierung ihrer strukturellen, ferroelektrischen, magnetischen und elektronischen Eigenschaften. Hierzu wollen die beteiligten Forscher aus Halle, Leipzig und Magdeburg modernste wissenschaftliche Methoden und Apparaturen einsetzen. Neben grundlegend neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen versprechen die geplanten Arbeiten auch eine hohe Anwendungsrelevanz, so etwa für die Entwicklung von neuartigen Sensoren und Speichern in der Informationstechnologie. (Sprecherhochschule: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Sprecherin: Ingrid Mertig)

Die Grundlagen für die Beantwortung zentraler Fragen in den Bio- und Materialwissenschaften will der SFB 765 „Multivalenz als chemisches Organisations- und Wirkprinzip: Neue Architekturen, Funktionen und Anwendungen“ liefern. Mit ihm wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschafter der Freien Universität Berlin in Kooperation mit weiteren Berliner Einrichtungen das Phänomen der Multivalenz umfassend erforschen, wobei ihr besonderes Augenmerk auf den zugrunde liegenden chemischen und biologischen Mechanismen und Molekülarchitekturen liegt. Langfristig zielen die Arbeiten auf die Entwicklung neuer multivalenter Moleküle ab, die etwa für die Hemmung von Entzündungen und den Schutz vor viralen Infektionen, aber auch für die Optimierung von Oberflächen von großer Bedeutung sein können. (Sprecherhochschule: Freie Universität Berlin, Sprecher: Rainer Haag)

Auf einem der Schlüsselforschungsfelder des 21. Jahrhunderts angesiedelt ist der SFB 767 „Kontrollierte Nanosysteme: Wechselwirkung und Ankopplung an die Makrowelt“. Forscher aus Konstanz und Stuttgart wollen darin aufklären, wie Nanostrukturen untereinander und mit makroskopischen Strukturen wechselwirken – Fragestellungen, die für die Nanotechnologie von fundamentaler Bedeutung sind, bislang jedoch nicht systematisch angegangen wurden. Die nun geplanten theoretischen und experimentellen Untersuchungen versprechen sowohl zentrale Erkenntnisse in der Grundlagenforschung als auch vielfältige Anwendungen in der Telekommunikation und Datenspeicherung sowie bei hochintegrierten Schaltungen. (Sprecherhochschule: Universität Konstanz, Sprecherin: Elke Scheer)

Ein für Wissenschaft, Industrie und Verbraucher gleichermaßen wichtiges Thema beschäftigt den SFB 768 „Zyklenmanagement von Innovationsprozessen – Verzahnte Entwicklung von Leistungsbündeln auf Basis technischer Produkte“. In ihm wollen Forscher aus dem Maschinenwesen, der Informatik und Soziologie, dem Marketing und anderen Bereichen gemeinsam die technisch, wettbewerblich und gesellschaftlich geprägten Zyklen erforschen, welche die Entwicklung und Einführung innovativer Produkte und Dienstleistungen wesentlich beeinflussen und oft auch erschweren. Die vorgesehenen Projekte decken dabei von der Produktplanung bis zum Marketing und von Sach- bis zu Dienstleistungen erstmals das gesamte Spektrum zyklisch begründeter Innovationsprozesse ab. Von den dabei gewonnenen Erkenntnissen sollen sowohl Anbieter als auch Abnehmer profitieren. (Sprecherhochschule: Technische Universität München, Sprecher: Udo Lindemann)

Um die „Neurobiologie motivierten Verhaltens“ geht es im SFB 779. Er soll den Zusammenhang zwischen zielgerichtetem Verhalten, den diesem zugrunde liegenden Hirnstrukturen und Verschaltungen und den daran beteiligten neurochemischen Systemen klären. Im Fokus stehen dabei auch pathologische Veränderungen bei verschiedenen neuropsychiatrischen Erkrankungen. Die beteiligten Wissenschaftler aus Magdeburg und Leipzig verbinden dazu in ihren human- und tierexperimentellen Arbeiten unterschiedlichste Forschungsansätze und -ebenen, die sich von der Molekularbiologie über die Neurophysiologie bis zur Psychologie erstrecken. Im Mittelpunkt stehen zunächst grundlagenorientierte Fragen zum „Wie und Warum“ motivierten Handelns. Längerfristig könnten sich daraus aber auch wichtige klinische Anwendungen ergeben. (Sprecherhochschule: Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Sprecher: Thomas F. Münte)

„Synaptic Mechanisms of Neuronal Network Function“ sind das Thema des SFB 780. Er wendet sich zentralen Fragen zur neuronalen Netzwerkfunktion zu, die auf drei unterschiedlichen Ebenen untersucht werden sollen – von den strukturellen Aspekten der einzelnen Synapse über die Analyse funktioneller Netzwerke bis hin zur Modellierung und Analyse humaner Erkrankungen. Dazu verbinden die beteiligten Forscher aus Freiburg und Basel molekularbiologische, neurophysiologische, genetische, anatomische und klinische Fragestellungen und Untersuchungsmethoden. Ihre so gewonnenen Erkenntnisse sollen nicht zuletzt ein besseres Verständnis und eine effektivere Therapie neuronaler Erkrankungen wie Epilepsie oder Parkinson ermöglichen. (Sprecherhochschule: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Sprecher: Peter Jonas)

Die Entwicklung neuartiger photonischer und nanophotonischer Bauelemente aus unterschiedlichen Materialien ist das Ziel des SFB 787 „Halbleiter – Nanophotonik: Materialien, Modelle, Bauelemente“. Die daran beteiligten Wissenschaftler aus Berlin und Magdeburg verknüpfen mit der Materialforschung, der Modellbildung und der Herstellung und Charakterisierung von Bauelementen drei komplementäre Forschungsrichtungen. Durch diese Kombination werden Theoretiker und Experimentatoren eng an grundlagenwissenschaftlichen und anwendungsorientierten Fragestellungen zusammenarbeiten. Auf dieser Basis sollen langfristig höchste Frequenzen und ultrakurze Pulse mit Laserdioden und Halbleiterverstärkern erzeugt sowie hochbrillante Laser im infraroten bis grünen Spektralbereich realisiert werden. (Sprecherhochschule: Technische Universität Berlin, Sprecher: Michael Kneissl)

Weitere Informationen erteilen die Sprecher der Sonderforschungsbereiche.

Ansprechpartner in der DFG-Geschäftsstelle ist Klaus Wehrberger, Leiter der Gruppe Sonderforschungsbereiche, Forschungszentren, Exzellenzcluster, Tel. +49 228 885-2355, Klaus.Wehrberger@dfg.de.

Media Contact

Dr. Eva-Maria Streier idw

Weitere Informationen:

http://www.dfg.de/sfb

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