Hauptschulen in Deutschland – Ein Auslaufmodell oder besser als ihr Ruf?

Lösungswege, um dieser problematischen Entwicklung entgegenzuwirken, sehen aufgrund der föderalen Struktur des deutschen Bildungswesens sehr unterschiedlich aus. Einige Länder haben die Hauptschule ganz abgeschafft, andere entwickeln innovative Konzepte für deren Verbesserung – beispielsweise wie in Bayern durch eine flächendeckende Umwandlung in Ganztagsschulen.

Die Krise der Hauptschule ist seit vielen Jahren virulent. Weniger SchülerInnen mit immer geringeren Berufschancen und Perspektiven, zu große Klassen und zu kurze Lernzeiten – keine Frage: das System „Hauptschule“ bedarf der Diskussion.

Solange Hauptschulen in den Medien aber in erster Linie dann vorkommen, wenn Vorfälle wie an der Berliner Rütlischule Negativschlagzeilen machen, wird schnell übersehen, dass in vielen Hauptschulen herausragende Arbeit geleistet wird – und die HauptschülerInnen vielerorts nicht dem Null-Bock-Klischee entsprechen. Die Mehrheit der HauptschülerInnen freut sich auf das Berufsleben und bemüht sich intensiv um eine Lehrstelle. Dies wird durch eine DJI-Studie bestätigt, die seit 2004 als Längsschnittuntersuchung den Werdegang von HauptschülerInnen in die Arbeitswelt begleitet (Details in „Auf einen Blick“).

Einen Blick hinter die methodischen Kulissen, über Hindernisse und besondere Herausforderungen dieser über viele Jahre laufenden Befragung von benachteiligten Jugendlichen bietet das „Interview“ mit Nora Gaupp und Birgit Reissig, die zum Team des DJI Forschungsschwerpunkts „Übergänge in Arbeit“ gehören.

Das sogenannte „DJI-Übergangspanel“ findet außerdem deutliche Belege für den kontinuierlichen Ausbau der Praxisorientierung an den Hauptschulen. Da sich Praktika, Projekt- und Förderunterricht in integrierten Ganztagskonzepten eher umsetzen lassen, verwundert es nicht, dass immer mehr Hauptschulen diesen Weg gehen, wie die Studie zur Entwicklung der Ganztagsschule (StEG), an der das DJI mitarbeitet, zeigt (Details in „Auf einen Blick“).

Wie die Anforderungen der Praxis im Einzelnen aussehen und welche Wünsche die Wirtschaft den Hauptschulen gegenüber formuliert, führt Donate Kluxen-Pyta vom Bundesverband der deutschen Arbeitgeberverbände im „Blick von außen I“ aus. Problematisch sei, dass Jugendliche, die sich im Unterricht oder schulischen Leistungsüberprüfungen durchaus bewährt haben, das Gelernte häufig in der betrieblichen Wirklichkeit nicht anwenden können. Die Betriebe legten deutlich mehr Wert auf „selbstständiges Lernen“, als dies in den Landescurricula angelegt ist.

Lobend erwähnt Donate Kluxen-Pyta in diesem Zusammenhang besonders die Möhneseeschule, die in diesem Jahr den ersten Platz beim deutschen Hauptschulpreis belegte. Die Schulleiterin Birgit Berendes verrät im „Blick von außen II“ ihr Erfolgsrezept, in dem die LehrerInnen eine entscheidende Rolle spielen.

Trotz all dieser Bemühungen von Seiten der Schulleitungen und des Engagements sehr vieler HauptschülerInnen stellt sich weiterhin die Frage, ob Jugendliche durch den Besuch der Schulart Hauptschule benachteiligt werden und in der Konsequenz die Reform des deutschen Schulsystems insgesamt ganz oben auf der Agenda bleiben muss.

Ergänzt wird das Juli-Schwerpunktthema durch ein „Gespräch“ mit dem Bildungsforscher Professor Klaus Klemm von der Universität Duisburg-Essen zur Zukunft der Hauptschulen auf der Homepage des DJI (www.dji.de).

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Andrea Macion idw

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